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Das XII. Lettische Lieder- und Tanzfest der Schuljugend unter Pandemiebedingungen
05.08.2021


Das psychische Wohlbefinden soll gestärkt werden

Das Logo des Festivals, Foto: Fair-use, Saite

 

Corona hemmte eine zentrale kulturelle Betätigung der Lettinnen und Letten. Zahlreiche Chorproben und Konzerte wurden wegen der Pandemiebestimmungen abgesagt. Das Lieder- und Tanzfest der lettischen Schüler sollte eigentlich im Sommer 2020 stattfinden, es wurde auf dieses Jahr verschoben. Seit dem 2. Juli singt und tanzt der Nachwuchs landesweit in den Städten und auf dem Land, doch unter ungewöhnlichen Bedingungen: Die Schülerinnen und Schüler präsentieren sich nicht vor einem anwesenden Publikum, sondern vor Mikrofonen und Kameras. Das XII. Lettische Lieder- und Tanzfest der Schuljugend ist vor allem ein TV- und Internet-Ereignis, das Zuschauer vor den Bildschirmen noch bis zum 30. Oktober (und darüber hinaus) verfolgen können.


Die lettische Regierung forderte von den Veranstaltern, das Fest gemäß der pandemiebedingten Auflagen zu organisieren. Das Bildungsministerium legte ein Konzept vor, dass das Ministerkabinett im Juni billigte. Zuvor hatte Premier Krisjanis Karins gezweifelt, ob ein solches Fest als digitale Veranstaltung überhaupt Sinn hat und erwogen, es erneut zu verschieben. Die Konzerte finden also überwiegend draußen statt; da Menschenansammlungen vermieden werden sollen, muss das Publikum via Bildschirm teilnehmen. Auch die einzelnen Chöre sollen sich möglichst wenig begegnen: Gemeinsames Proben mit Essen und Übernachtung fällt aus.


Stattdessen bereitet das lettische Fernsehen LTV die Darbietungen als Videomaterial auf. Die Aufzeichnungen können dann auf der Webseite des Senders oder auf YouTube betrachtet werden. So sind Gesänge und Tänze für lange Zeit konserviert. Das Programm, das LTV überträgt, ist vielfältig: Zu sehen sind Chöre, Tänze, Vokal- und Instrumentalmusik, aber auch bildende Kunst und Folklore. Hinzu kommen Berichte und Interviews.  

 


Bildungsministerin Anita Muizniece erläuterte gegenüber LSM, weshalb das landesweite Festival trotz dieser besonderen Bedingungen stattfindet: “Das Ziel wird sein, einen Arbeitszyklus von mehreren Jahren abzuschließen, in denen die Schüler sich das Repertoire aneigneten. Das begann schon im Schuljahr 2018. Ebenso kann man auch die Festteilnehmer dokumentieren, über ihr eigenes Programm, das Repertoire in der Videoversion und nach meiner Ansicht über schöne Geschichten dieses Festivals in einer andersartigen Zeit berichten. Außerdem soll so auch das psychische Wohlbefinden der Kinder und Jugendlichen gestärkt und ihnen ein Dank ausgesprochen werden für ihre Arbeit im Homeoffice unter den Umständen der Pandemie.” (lsm.lv) Nach Auffassung des Ministeriums werden unter diesen Umständen von den Teilnehmern nicht höchste künstlerische Leistungen erwartet. Der Nachdruck liege auf das psychische Wohlbefinden der Schüler und Lehrer und auf die Zufriedenheit über das Vollbrachte und darauf, dies zu widerspiegeln.


Für das Lieder- und Tanzfestival sind 2090 Gruppen mit 40.049 Teilnehmern gemeldet. Als weitgehend digitale Veranstaltung kommt es der Regierung günstiger, statt der ursprünglich vorgesehenen 4.180.883 Euro kostet es nur noch 2.046.967 Euro. Veranstaltungshinweise und Links zu den Videos sind auf nacgavilet.lv auch in englischer Sprache zu finden. Das Motto lautet: “Rota - Rotat - Rotala” (Schmuck, Schmücken, Spiel). Das Logo des Festivals zeigt ein stilisiertes Sonnensymbol in der Art einer Spielzeugdekoration.


Das erste Liederfest der Schuljugend wurde zu sowjetischer Zeit, 1960 gefeiert. Seitdem findet es etwa zweimal in einem Jahrzehnt statt. Dirigent Arvids Platpers erinnert in einem eigenen Beitrag daran, dass die Ursprünge viel weiter zurückreichen. Der Pädagoge und Musiker Janis Cimze legte die Grundlagen für das lettische Chorleben. Nach einem Studienaufenthalt in Deutschland, bei dem er u.a. das Lehrerseminar in Weißenfels absolvierte, leitete er selbst solche Institute in Valmiera und später in Valka. Er sorgte dafür, dass sich die zukünftigen lettischen Lehrer der Gemeindeschulen musikpädagogische Kenntnisse aneigneten. Als der Lehrer und Geistliche Juris Neikens 1864 das erste Liederfest in Dikli ausrichtete, befanden sich unter den Sängern bereits 120 Schüler aus den benachbarten Gemeinden.  


Am 18. Juli 1866 organisierte der deutschbaltische Geistliche Rudolf Guleke ein Kinderfest auf dem Gut Lazdona bei Madona, an dem sich etwa 200 Kinder aus den umliegenden Schulen beteiligten. Sie kamen in Kutschen aus Liezere, Cesvaine, Ergli und Lubana angereist, um in der evangelischen Kirche ein Konzert zu geben. Danach gingen die kleinen Sängerinnen und Sänger zum Pfarrhaus in Prauliene, um sich Geschenke abzuholen.


Die Tradition der Kinderchöre hat ihre Ursprünge im ländlichen Raum, in Riga wurde kurz nach der Gründung der lettischen Republik das erste lettische Liederfest der Jugend veranstaltet: Vom 18. bis 22. Juni 1922 versammelten sich 126 Chöre mit über 3.000 jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

 

UB 




 
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