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US-Manöver „Defender 2020“ soll im April Lettland erreichen
06.02.2020


Für die einen militärische Abschreckung, für die anderen Konfrontationspolitik...

Warnschild vor ManöverübungenFür die meisten Medien ist diese aufwändige militärische Veranstaltung, die gerade stattfindet, nur ein Randthema. Derzeit machen sich mehr als 20.000 US-Soldaten und Soldatinnen auf den Weg nach Polen und in die baltischen Länder. 17.000 ihrer in Europa stationierten Kameraden und eine ungenannte Zahl weiterer Soldaten von 16 NATO-Verbündeten sowie Finnlands und Georgiens helfen ihnen bei den Truppenverlegungen, bei denen Deutschland zur logistischen Drehscheibe wird. „Defender 2020“ gilt als das größte US-Manöver innerhalb der letzten 25 Jahre. Während NATO-Generäle und lettische Militärs die Übung befürworten, wird es von Vertretern Russlands, aber auch von deutschen Friedensaktivisten scharf kritisiert. In deren Aufruf wird Defender 2020 als „erneute Zuspitzung der Konfrontationspolitik von NATO und EU gegenüber Russland“ bezeichnet (antidef20.de).

Warnschild an einem Übungsplatz, Foto: Fiorellino - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link

Eine vorübergehende Heimat für GI

Die Ankunft von US-Truppen bedeutet auch Großeinsatz für die Verbündeten. In Garlstedt bei Bremen z. B. „ist ganz schön was los“. An der dortigen Logistikschule der Bundeswehr errichteten Spezialpioniere ein Feldlager mit 22 Großraumzelten für bis zu 2.000 US-Soldaten. Für jeden Zeltbewohner steht eine Steckdose zur Verfügung, und „in der Betreuungseinrichtung finden die Amerikanerinnen und Amerikaner ihre gewohnten oder liebgewonnenen Speisen und Getränke, können sogar mit US United States-Dollar oder Kreditkarte bezahlen.“ So sollen die GIs eine „vorübergehende Heimat“ finden. (bundeswehr.de)

Auch anderenorts bereiten sich NATO-Soldaten auf die Ankunft und Weiterfahrt der US-Truppen vor. Sie erreichen das europäische Festland über Häfen und Flughäfen Belgiens, der Niederlande, Frankreichs und Deutschlands. Die Militärkonvois fahren dann über Schienen und Straßen bis Polen und in die baltischen Länder weiter. Um kein Verkehrchaos zu verursachen sollen die Kolonnen gepanzerter Fahrzeuge deutsche Autobahnen nur in der Nacht benutzen. (bundeswehr.de) Im April wird ein Teil der Truppen in Lettland ankommen, in Adazi, dem bekanntesten militärischen Übungsplatz, und anderen Militärgeländen.

 

Defender 2020 als unschätzbare Erfahrung

US-General Gus Perna sieht im Manöver die Möglichkeit, möglichst rasche Truppenverlegungen zu üben: „Wir können uns nicht erlauben, dass die Soldaten Zeit verschwenden, weil sie die Vorbereitung des Materials aufhält, bevor sie bereit sind, in die Schlacht zu ziehen. Wir müssen sicherstellen, dass die Soldaten gleich nach dem Eintreffen nur minimale Überprüfungen durchführen müssen, um davon überzeugt zu sein, dass alles in Ordnung ist und sie sich innerhalb von 72 Stunden an die Front begeben können,“ so wird der Kommandeur der US-Waffendepots von sargs.lv, der Webseite des lettischen Verteidigungsministerins, zitiert.

Der lettische Brigadegeneral Georgs Kerlins sieht in Defender 2020 eine bedeutende internationale Übung, sowohl in militärischer als auch politischer Hinsicht: „Schon jetzt ist klar, dass wir die Unterstützung des aufnehmenden Landes in jener Form trainieren werden, wie wir es in einer realen Krisensituation unternehmen würden – wir werden eine unschätzbare Erfahrung machen, wenn in Lettland derart große Formationen der Verbündeten aufgenommen werden. Ebenso glaubwürdig lässt sich in der Manöverzeit die Landung zu Luft und zu Wasser und auch die Ankunft verbündeter Einheiten trainieren, die gewiss über Land kommen werden.“ (sargs.lv)

 

Russland, der Elefant im Raum

Die Lsm.lv-Redaktion zitiert den Kommandeur der US-Streitkräfte in Europa, Andrew Rohling. Nach seiner Verlautbarung richte sich das Manöver nicht gegen ein bestimmtes Land „und damit unterscheidet es sich von den Übungen, die im Kalten Krieg stattfanden.“ NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte am 3. Februar, dass sich Defender 2020 nicht gegen Russland richte. Ziel sei es zu demonstrieren, dass man schnell große Truppenverbände aus den USA nach Europa verlegen könne, um den Verbündeten beiseite zu stehen. Das Manöver zeige, dass die USA ihre Verpflichtungen gegenüber der NATO und Europas Freiheit und Sicherheit ernstnehmen. Er erinnerte daran, dass die baltischen Staaten vor 30 Jahren ihre Unabhängigkeit wiedererlangten und meinte: „Russland hat sämtliches Recht, sich in seinen Grenzen sicher zu fühlen, aber ein ebensolches haben auch die NATO-Mitglieder.“ (lsm.lv)

Sargs.lv zitiert in dieser Angelegenheit den US-Kommandeur Christopher Cavoli. Folgt man seinen Worten, lässt sich Russland durchaus als der gemeinte Feind betrachten. Das Manöver sei als Teil einer Politik notwendig, um Russland aufzuhalten. Henning Otte, der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hält Defender 2020 ebenfalls für „richtig und notwendig“. „Spätestens seit der Annexion der Krim beobachten wir eine zunehmend aggressive Politik Russlands in der Verfolgung geopolitischer Ziele.“ Neben dem „Grundgedanken des Dialogs sieht er „in einer glaubwürdigen Abschreckung ein wichtiges Mittel für die Wahrung von Frieden und Sicherheit“ und die deutsche Beteiligung sei „ein Zeichen für eine starke Bündnissouveränität.(lr-online.de)

 

Russische Regierung zeigt sich besorgt

Russlands Außenminister Sergei Lawrow sieht im Manöver an der Westgrenze ein Risiko. Man könne diese Prozesse nicht ignorieren, die große Sorgen bereiteten. Moskau werde in einer Art antworten, dass keine unnötigen Risiken entstehen (lsm.lv). „Natürlich begrüßen wir diese Übungen nicht,“ fügte Lawrows Stellvertreter Alexander Gushko hinzu: „Der Sinn des Manövers ist uns absolut klar.“ Er hält die Aktionen der NATO-Soldaten für eine Verschwendung von Ressourcen. Solche Manöver schafften nur neue Trennlinien (sputniknewslv.com).

 

Deutsche Friedensaktivisten organisieren Proteste

In Deutschland stößt Defender 2020 bei Friedensaktivisten auf scharfe Kritik. Von der Partei „Die Linke“ bis hin zu örtlichen Friedensgruppen christlicher Kreise (eak-online.de) und Extinction Rebellion (antidef20.de) reichen die Proteste, die vom Bonner Netzwerk Friedenskooperative koordiniert werden (friedenskooperative.de). Am 27. November 2019 trafen sich etwa 100 Friedensbewegte in Leipzig und forderten „Schluss mit der transatlantischen Katzbuckelei“. Sie zitierten den ehemaligen Außenminister und jetzigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, der anlässlich eines früheren Manövers sich einmal dagegen ausgesprochen hatte, mit „Säbelrasseln und Kriegsgeheul“ die Lage weiter anzuheizen. Die Aktivisten planen für die kommenden Monate Informationsveranstaltungen und Mahnwachen.

In ihrem öffentlichen Aufruf fordern sie Entspannungs- statt einer militärischen Konfrontationspolitik, die für sie mit der NATO-Osterweiterung begonnen hat. Das Manöver entlang der russischen Westgrenze stelle eine Provokation gegenüber Russland dar. Mit Defender 2020 sendeten die USA, Großbritannien und Frankreich 75 Jahre nach der Befreiung Europas vom Faschismus „ein geschichtsvergessenes Signal an den ehemaligen Verbündeten aus der Anti-Hitler-Koalition“. Zudem wenden sich die Aktivisten gegen die Aufrüstung der NATO-Staaten, die auch von der lettischen Regierung betrieben wird: „Während in Deutschland, Europa und der Welt dringend gewaltige Mittel gebraucht werden, um die aktuellen Menschheitsprobleme zu lösen, wird in allen NATO-Staaten zielgerichtet auf die Erhöhung des Rüstungshaushaltes auf 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes hingearbeitet. Für die militärische Aufrüstung werden Mittel und Ressourcen verschlungen, die für soziale, ökologische und infrastrukturelle Aufgaben schmerzlich fehlen.“ (antidef20.de)

 

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