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Lettische Medien berichten verkürzt über den Friedensappell des Papstes
05.10.2022


Franziskus hält Rechte von Minderheiten für legitim

Papst Franziskus an der Jerusalemer Klagemauer, Foto: Israelische Polizei, CC BY-SA 3.0, Link

Papst Franziskus hielt am 2. Oktober 2022 auf dem Petersplatz eine Rede, in der er nachdrücklich zu einem sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine aufrief. Sein Appell richtete sich in erster Linie an den Staatspräsidenten der Russischen Föderation, der jüngst die Teilmobilmachung und die Annexion ukrainischer Gebiete verkündet hatte. Die Rede des Papstes enthält allerdings ebenso Aufforderungen an den ukrainischen Staatspräsidenten und an westliche Politiker. Lettische Medien verbreiteten lediglich eine kurze und verkürzende Meldung der Nachrichtenagentur LETA über die erneute vatikanische Forderung, die Waffen niederzulegen. Offenbar wurde nur berichtet, was zum lettischen Diskurs über den Krieg in der Ukraine passt.


Der Begriff Diskurs hat im sprachwissenschaftlichen Sinne eine bestimmte Bedeutung. Erstmals wies Michel Foucault darauf hin, dass die Frage, was als Wissen verbreitet wird, was als Wissen überhaupt allgemein anerkannt ist und was man besser verschweigt, um nicht in der medialen Öffentlichkeit diffamiert oder sogar aus ihr ausgeschlossen zu werden, mit Machtverhältnissen verbunden ist. Gesellschaftliche Akteure, die Macht innehaben, bestimmen im großen Maße - aber nie vollständig - den Diskurs oder beeinflussen ihn zumindest insofern, dass sie die Grenzen dessen bestimmen, wer in welchen Medien über was etwas aussagen kann und darf und wer nicht. Aus dieser ursprünglichen Überlegung hat sich in der Linguistik inzwischen eine Diskursforschung entwickelt, die solche Zusammenhänge näher prüft. Für die lettischen Diskurse über Krieg und Frieden sowie über die Ukraine und Russland beobachte ich aufgrund dieser Diskurs-Bestimmung erhebliche und fragwürdige Begrenzungen dessen, was in Lettland gesagt oder geschrieben werden kann oder darf. Dies möchte ich anhand der Berichterstattung über diese Papstrede als Teil eines medialen Ganzen erläutern.


Auf der LSM-Webseite, dem Nachrichtenportal der öffentlich-rechtlichen Medien Lettlands, wurde die LETA-Meldung über die Rede unter dem hinzugefügten Titel „Papst fordert Putin auf, Gewalt und Tod in der Ukraine aufzuhalten“ gleich am 2. Oktober veröffentlicht (lsm.lv). Die Meldung der Nachrichtenagentur wird im identischen Wortlaut auch von anderen lettischen Portalen verbreitet. Der lettische Text gibt die Kritik des Papstes an „den Präsidenten der Russischen Föderation“, der in der LETA-Version lediglich „Putin“ genannt wird, ausführlich wieder. Der Papst wird mit folgenden Sätzen direkt zitiert, die auf der Webseite des Vatikans in deutscher Übersetzung zu finden sind (vatican.va):


„Was muss noch geschehen? Wie viel Blut muss noch fließen, damit wir erkennen, dass Krieg niemals eine Lösung ist, sondern nur Zerstörung? Im Namen Gottes und im Namen des Gefühls der Menschlichkeit (...) erneuere ich meinen Aufruf zu einem sofortigen Waffenstillstand.“  


Die Aussparung durch Klammern, die in der lettischen Fassung zu finden ist, hat keine größeren Auswirkungen auf den Inhalt.  


Mit einleitender indirekter Rede: „Er drückte sein tiefes Bedauern über die Verschlechterung der Situation in den letzten Tagen aus `mit weiteren Aktionen, die den Grundsätzen des Völkerrechts widersprechen`.“


„Nach sieben Monaten der Feindseligkeiten sollten alle diplomatischen Mittel genutzt werden, auch die, die bisher vielleicht nicht genutzt wurden, um dieser schrecklichen Tragödie ein Ende zu setzen. Krieg an sich ist ein Fehler und eine Abscheulichkeit!“




Diese Kritik und diese Aufforderung des Papstes haben keinen bestimmten Adressaten; diese Sätze richten sich an alle, die Einfluss haben, Blutvergießen und Zerstörung zu beenden. In den einleitenden Abschnitten des Originaltextes drückt der Papst seine Betroffenheit über diese „schreckliche und unfassbare Wunde der Menschheit“ aus, ohne Schuld und Verantwortung zu adressieren, auf folgendes Zitat geht die lettische Fassung nicht ein:


„Ich bin betrübt über die Ströme von Blut und Tränen, die in diesen Monaten vergossen wurden. Ich bin traurig über die Tausenden von Opfern, insbesondere Kinder, und die zahlreichen Zerstörungen, die viele Menschen und Familien obdachlos gemacht haben und weite Gebiete mit Kälte und Hunger bedrohen. Solche Handlungen sind niemals zu rechtfertigen, niemals! Es ist bedauerlich, dass die Welt die Geografie der Ukraine durch Namen wie Bucha, Irpin, Mariupol, Izium, Saporischschja und andere Orte kennenlernt, die zu Orten unbeschreiblichen Leids und unbeschreiblicher Angst geworden sind.“


Die lettische Zusammenfassung weist korrekt darauf hin, dass der Papst „sich in erster Linie an den Präsidenten der Russischen Föderation [richtet], den [so der Wortlaut des Papstes] ich bitte, diese Spirale von Gewalt und Tod zu stoppen, auch zum Wohl seines Volkes.“ Zur Unkenntlichkeit verkürzt erscheinen in der lettischen Version allerdings die päpstlichen Appelle an die ukrainische und westliche Führung. Die Rede des Papstes hat in ihrer deutschen Fassung 3548 Zeichen, die LETA-Meldung kommt mit 1331 Zeichen aus. Es ist aufschlussreich, zu überprüfen, welche Informationen die lettische Version auslässt.


Der LETA-Text verkürzt den Teil des Appells, der sich an die westliche und ukrainische Seite richtet, auf einen Satz. Im Gegensatz zum russischen Präsidenten, der stets nur „Putin“ genannt wird, erscheint in der lettischen Version der ukrainische Präsident mit Titel, Vor- und Nachnamen:


Der Papst forderte auch den Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, auf, für ernsthafte Friedensvorschläge offen zu bleiben.“


Tatsächlich sind die Appelle des Papstes an die ukrainische und westliche Führung deutlich konkreter. Folgende Papstsätze werden im lettischen Text weder zitiert noch zusammengefasst:


„Wir sollten die Waffen ruhen lassen und die Bedingungen für Verhandlungen suchen, die zu Lösungen führen, die nicht mit Gewalt durchgesetzt werden, sondern einvernehmlich, gerecht und stabil sind. Und das werden sie sein, wenn sie auf der Achtung des unantastbaren Wertes des menschlichen Lebens, der Souveränität und territorialen Integrität jedes Landes sowie der Rechte von Minderheiten und legitimen Anliegen beruhen.“


Der Hinweis auf die Rechte von Minderheiten und ihrer legitimen Anliegen ist mit dem lettischen Diskurs nicht vereinbar. Unerwähnt bleibt in lettischen Medien, dass seit den Maidan-Unruhen die westlich orientierten Regierungen in Kiew bestrebt waren, die russische Minderheit zu assimilieren. Maidan-Forscher Wolodymyr Ishchenko betrachtet deswegen die Regierung Selenskyjs kritisch. Die Maidan-Bewegung hat seiner Auffassung nach die Probleme der politischen Repräsentation des Landes nicht gelöst, sondern reproduziert und verstärkt. Die unterschiedlichen postsowjetischen Eliten des Landes konkurrieren miteinander und stellen, an die Macht gelangt, ihr Partikularinteresse als Gesamtinteresse dar. Die legitimen Unterschiede innerhalb der ukrainischen Nation - damit meint der Forscher auch die ethnischen - seien von Maidan-Vertretern und ihren politischen Nachfolgern überhaupt nicht thematisiert worden, für viele Einwohner wurden die Hoffnungen enttäuscht. Daran änderte auch die Präsidentschaft von Selenskyj nichts, dessen Politik Ishchenko im Juni 2021 ernüchternd kommentierte:


„Selenskyj ist nicht in der Lage, die Abhängigkeit der Ukraine vom Ausland zu beenden und die unpopuläre Agenda seines Vorgängers und der Zivilgesellschaft zu überwinden, und kompensiert die von den Interessen seiner oligarchischen Verbündeten verursachten Widersprüche ähnlich wie Poroschenko: durch symbolpolitische antirussische Züge und Unterdrückung der Opposition. Im Zuge dieser politischen Spiele bleiben die Erwartungen der Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung auf sozialen Fortschritt unerfüllt. Die Krise der politischen Repräsentation entwickelt sich weiter – mitsamt ihrer tödlichen Gefahren in einem wirtschaftlich und geopolitisch so fragilen Land.“

(laender-analysen.de)


Ishchenkos Artikel liefert eine Erklärung für den päpstlichen Appell, nicht nur territoriale Integrität, sondern auch die Rechte von Minderheiten zu beachten, statt die Opposition zu unterdrücken und mit antirussischen Zügen Symbolpolitik zu betreiben. Der Appell des Papstes an den ukrainischen Präsidenten stellt offensichtlich mehr als eine beliebige Floskel dar, wie es in der lettischen Meldung erscheint. Ethnische Minderheitenrechte sind allerdings, soweit es um Russischsprachige geht, in Lettland ein unbeliebtes Thema. Die lettische Republik hält immer noch beinahe 200.000 russischsprachigen Einwohnern als „Nichtbürger“ einen vollwertigen Pass vor, der dazu berechtigt, sich an den Saeima-Wahlen zu beteiligen. In der Sprachpolitik verfolgen lettische Politiker einen vergleichbar assimilierenden Ansatz wie die Kiewer Regierung. Kurz nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine schlug die nationalkonservative Bildungsministerin Lettlands, Anita Muizniece, vor, die Unterrichtssprache Russisch an den Minderheitenschulen, die mehrheitlich von russischstämmigen Schülern besucht werden, nach den bereits erfolgten massiven Beschränkungen nun endgültig abzuschaffen und stellte somit einen Zusammenhang zwischen diesen Schulen und dem Geschehen in der Ukraine her (LP: hier).


Die Solidarität der lettischen Bevölkerung mit den Ukrainern ist offensichtlich und muss hier nicht erläutert werden. Der Umgang mit der Papstrede zeigt allerdings, dass die lettische Identifikation mit ukrainischer Regierungspropaganda, die der eigenen Haltung gegenüber der russischsprachigen Minderheit entspricht, problematische und für die internationalen Beziehungen auch gefährliche Seiten hat. Der Kulturwissenschaftler Deniss Hanovs wies darauf hin, dass die Integration der russischstämmigen Minderheiten in den postsowjetischen Staaten zur einer Frage der geopolitischen Sicherheit geworden ist und er bemängelte, dass in diesen osteuropäischen Ländern nirgends Konzepte entstanden sind, um einen Nationalstaat zu gestalten, an dem alle ethnischen Minderheiten beteiligt sind. (LP: hier) Die lettischen Regierungen der letzten Jahrzehnte bemühten sich kaum, die politischen Konflikte zwischen den Ethnien zu entschärfen, stattdessen finden in lettischen Diskursen nationalkonservative Forderungen nach Assimilierung breiten Raum. (LP: hier)


Noch ein weiterer Appell des Papstes kommt im lettischen Text deutlich zu kurz: Franziskus wendet sich nicht nur an den ukrainischen Präsidenten, für Friedensvorschläge offen zu sein, sondern auch an alle maßgeblichen internationalen Entscheidungsträger, auch das bleibt in der lettischen Fassung unerwähnt:


„Ich appelliere an alle Akteure des internationalen Lebens und an die politischen Führer der Nationen, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um den anhaltenden Krieg zu beenden, ohne sich in gefährliche Eskalationen hineinziehen zu lassen, und Initiativen zum Dialog zu fördern und zu unterstützen.“


Derzeit lässt sich kaum behaupten, dass die lettische Regierung diesem päpstlichen Appell folgt. Der bisherige Verteidigungsminister Artis Pabriks, der voraussichtlich sein Amt verliert, weil seine Partei am letzten Samstag den Wiedereinzug ins Parlament verpasste, hatte verlautbart, dass erst Russland verlieren und die Ukraine gewinnen müssten, bevor Verhandlungen geführt werden könnten. (LP: hier). Zanda Kalnina-Lukasevica, Vertreterin des lettischen Außenministeriums, versicherte, dass die lettische Regierung die Ukraine in jedem Fall unterstützen werde, egal ob die Kiewer Regierung verhandlungsbereit ist oder nicht. Es sei eine Angelegenheit der ukrainischen Regierung, auf Friedensverhandlungen einzugehen. Da solle man sich nicht einmischen. Falls die Ukraine Gespräche ablehne, werde Lettland weiterhin Waffen liefern und humanitäre Hilfe leisten. Zugleich müsse man den kollektiven Druck auf Russland erhöhen und eine neue Sanktionsrunde einleiten. (LP: hier) Solche Stellungnahmen, die vor Veröffentlichung der Papstrede bekundet wurden, entsprechen nicht dem päpstlichen Appell, Eskalation zu verhindern.


Der lettische Text verschweigt zudem die Befürchtung des Papstes, dass sich die Lage zum Atomkrieg ausweitet. Franziskus erwähnt die Gefahr eines Atomkriegs zwei Mal in seiner Rede:


„Und was ist mit der Tatsache, dass die Menschheit erneut mit einer atomaren Bedrohung konfrontiert ist? Das ist absurd.“


„Ich bedauere zutiefst die ernste Situation, die in den letzten Tagen entstanden ist, mit weiteren Aktionen, die den Grundsätzen des Völkerrechts widersprechen. Sie erhöht das Risiko einer nuklearen Eskalation bis zu dem Punkt, dass weltweit unkontrollierbare und katastrophale Folgen befürchtet werden.“


Der lettische Text erwähnt die Atomkriegsgefahr nicht als Thema der Papstrede, sondern stellt sie als russische Ankündigung dar:


„Das Oberhaupt der katholischen Kirche verlautbarte diesen Appell, nachdem Putin jüngst die Teilmobilmachung im Land verkündet hatte, widerrechtlich die Annexion der okkupierten ukrainischen Territorien verkündete und damit drohte, nicht zu zögern, Atomwaffen einzusetzen.“


Der russische Angriff auf die Ukraine hat die Gefahr eines Atomkriegs deutlich erhöht. Wenn sich Franziskus diesbezüglich nicht ausschließlich an den russischen Staatspräsidenten wendet, hat dies ebenfalls Gründe. Die NATO-Vertreter ließen nach den Osterweiterungen ihres Militärbündnisses in Polen und Rumänien Raketenabwehrsysteme aufstellen, von denen unklar ist, ob sie nicht auch für nukleare Marschflugkörper verwendet werden könnten, die in wenigen Minuten Moskau treffen. Der polnische Vizepremierminister Jarosùaw Kaczyñski zeigt sich „offen“ für US-amerikanische Atomwaffen auf seinem Territorium (freitag.de).


Die Verkürzungen im Text der lettischen Nachrichtenagentur haben offensichtlich nicht den Zweck, Platz zu sparen oder dem Leser Überflüssiges zu ersparen. Wieso fabrizieren lettische Journalisten derart einseitige Texte? Die öffentlich-rechtlichen Medien werben damit, vertrauenswürdige Informationen zu verbreiten. Tatsächlich lügen sie nicht, denn sie verkünden nichts Falsches. Dennoch verbreiten sie Propaganda, Propaganda durch Auslassungen. Dies ist viel wirksamer als der Versuch, eine Lüge zu berichten, die heutzutage schnell durchschaut werden könnte. Lettische Journalisten stehen unter politischem Druck, insbesondere von nationalkonservativer Seite. Dagmara Beitnere-Le Galla, Abgeordnete der Konservativen, behauptete angesichts der Berichterstattung über die Flüchtlingskrise an der belarussischen Grenze, dass es ein ungeschriebenes Gesetz sei, „dass öffentlich-rechtliche Medien in außenpolitischen Fragen unsere von der Regierung benutzten Begriffe und Einstellungen zum Ausdruck bringen müssen.“ Janis Iesalnieks, Abgeordneter der Nationalen Allianz, schien die Berichterstattung über irakische Flüchtlinge zu humanitär und stellte die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Frage. In einer Fernsehsendung sah er Europa im Kampf zwischen konservativen und liberalen Ansichten, den er als „Kulturkrieg“ bezeichnete. Für ihn sei die “Vorbereitung der Gesellschaft auf eine liberale Politik” nicht hinnehmbar, deshalb widersetze er sich und werde weiterhin auf alles hinweisen, wo die öffentlich-rechtlichen Medien das “Interesse des lettischen Staats” missachteten. Sein Parteifreund Edvins Snore behauptete in einem NRA-Interview, dass die öffentlich-rechtlichen Medien nicht, wie gesetzlich gefordert, neutral und objektiv seien, sondern „einen klaren Standpunkt linksliberaler Ideologie“ einnähmen. Snore kritisierte in diesem Interview, dass lettische Journalisten über das Flüchtlingselend an der polnisch-belarussischen Grenze berichtet hatten, damit hätten „die öffentlich-rechtlichen Medien mit einer Stimme das Lied der EU-Feinde“ gesungen. Solche Aussagen verdeutlichen, in welchem politischen Umfeld lettische Journalisten arbeiten. Diese nationalkonservativen Äußerungen sind nicht belanglose Bemerkungen einer für den gesellschaftlichen Diskurs unwichtigen Randgruppe, denn sie stammen von Abgeordneten aus Regierungsfraktionen, die offensichtlich öffentlich-rechtliche Medien als Staatsfunk betrachten. (LP: hier)


Dass es auch anders geht, erweist sich in italienischen Zeitungen, die nicht wie lettische Medien unter ferner liefen, sondern groß aufgemacht auf der zweiten Seite über die Papstrede berichten. Dass sie über die Worte von Franziskus zudem fairer informieren, lässt sich nicht allein damit erklären, dass Italien ein katholisches Land ist, das den Vatikan umfängt, sondern eher damit, dass in Italien der Diskurs über Krieg und Frieden noch etwas breiter angelegt ist, obwohl sich auch auf dem wunderschönen Stiefel vorrangig NATO-Narrative verbreiten, wie mir Italiener versichern. Iacopo Scaramuzzi erinnert in seinem Beitrag für das Leitmedium La Repubblica am 3. Oktober daran, dass vor sechzig Jahren Papst Johannes XXIII. sich in einer ähnlichen Situation während der Kuba-Krise befand, als die Atommächte USA und die Sowjetunion sich wechselseitig bedrohten. Die NATO-Generäle hatten in der Türkei Atomraketen aufstellen lassen, die sowjetisches Territorium zu treffen vermochten. Die sowjetische Regierung schickte sich daraufhin an, Atomwaffen in Kuba zu stationieren, die wiederum die USA bedrohten. Der Ausbruch eines Atomkriegs wurde in jenen Oktobertagen des Jahres 1962 gerade noch verhindert; sowohl aus der Türkei als auch aus Kuba wurden die Atomwaffen abgezogen. Damals habe der Papst die konkurrierenden Mächte in einer Radioansprache angefleht, die Gefahr eines Atomkriegs abzuwenden.  


Scaramuzzi beschreibt, dass sich Franziskus in einer vergleichbaren Situation befindet und hebt dessen Warnung vor einem Atomkrieg hervor. Dass der Kirchenführer sich in erster Linie an den russischen Staatspräsidenten wendet, daran lässt auch Scaramuzzi keinen Zweifel. Er berichtet außerdem, dass ein Gesandter des Papstes bei der UNO in New York ein ernüchterndes Treffen mit dem russischen Außenminister Segei Lawrow beklagte, an dem Vorschläge, nach einem Ausweg zu suchen, wie an einer Gummiwand abgeprallt seien. Dennoch bedeutet das für den Vatikan nicht, im Streben nach diplomatischen Lösungen nachzulassen. Scaramuzzi begrüßt die Empfindsamkeit und Klugheit des päpstlichen Appells, den er sowohl mit der Aussage zur territorialen Integrität als auch mit der Bemerkung zu den Minderheitenrechten zitiert. Der italienische Journalist scheint sich ähnliche Verhandlungen wie im Helsinki-Prozess der siebziger Jahre zu wünschen, die 1975 zu einem internationalen Abkommen führten, das die Atomkriegsgefahr verminderte. Nun bitte sich der Papst der Weltgemeinschaft als Vermittler an, um Initiativen des Dialogs zu befördern und alle diplomatischen Mittel zu nutzen, auch jene, die noch nie benutzt wurden.  


Scaramuzzi schließt mit den Worten:

 

„In der Hoffnung, dass die Protagonisten von heute wie Kennedy und Chruschtschow die Befürworter eines totalen Krieges ignorieren, den Worten des Papstes ein Ohr leihen und rechtzeitig innehalten.“


Udo Bongartz

 

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