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Lettland: Voraussichtlich wird Krisjanis Karins neuer Ministerpräsident
19.01.2019


Wieder soll ein rechtsliberal-nationalkonservatives Bündnis regieren

Krisjanis KarinsNach den Parlamentswahlen im Oktober erweisen sich die Koalitionsverhandlungen zwischen fünf in etwa gleich stark vertretenen Parteien als langwierig und schwierig. Staatspräsident Raimonds Vejonis beauftragte gleich nach der Wahl Aldis Bordans und dann Janis Gobzems (LP: hier) mit der Regierungsbildung. Beide scheiterten. Am 7. Januar übernahm Krisjanis Karins als dritter den Auftrag, über eine neue Koalitionsregierung zu verhandeln, die er als Ministerpräsident anführen soll. Diesmal scheint der Versuch trotz einiger Missklänge zu gelingen. Karins, ehemaliger Unternehmer, ist seit fast zwei Jahrzehnten im politischen Geschäft.

Krisjanis Karins, Foto: Foto-AG Gymnasium Melle, CC BY-SA 3.0, Saite

Karins wurde 1964 in Wilmington/USA geboren und studierte an der Universität Pennsylvania Sprachwissenschaften. 1994 kam er nach Lettland, gründete hier mit Geschäftsfreunden „Lacu Ledus“, einen Hersteller und Vertreiber von Tiefkühlprodukten. 2002 wurde er in die Saeima gewählt, nachdem er mit Parteifreunden die wirtschaftsliberale Partei „Jaunais laiks“ (Neue Zeit) gegründet hatte, eine Vorgängerpartei der heutigen „Jauna Vienotiba“ (Neue Einigkeit). Beide Parteien waren an Regierungen beteiligt und stellten Ministerpräsidenten. Karins übernahm zwischen 2004 und 2006 das Amt des Wirtschaftsministers in der Regierung von Aigars Kalvitis. Seit 2009 ist er EU-Abgeordneter in Straßburg (europa.eu).

Nach Streit und Spaltung innerhalb der Mitte-Rechts-Partei Vienotiba, welche die Ministerpräsidenten Valdis Dombrovskis und Laimdota Straujuma gestellt hatte, blieb Karins in der Restpartei „Jauna Vienotiba“, die nun mit acht Abgeordneten die kleinste Fraktion innerhalb der geplanten Fünfer-Koalition darstellt, zu denen außerdem „Kam pieder valsts“ (Wem gehört das Land, KPV) und „Jauna konservativa partija“ (Neue Konservative Partei) mit jeweils 16 Abgeordneten sowie „Attistibai/Par!“ (Für Entwicklung/Pro!) und Nacionala apvieniba (Nationale Allianz) mit jeweils 13 Abgeordneten zählen (LP: hier). Das Regierungsbündnis hätte mit 66 Abgeordneten eine satte Mehrheit im 100köpfigen Parlament. Die Debatte über den Migrationspakt ergab weitgehende Übereinstimmung der unerfahrenen Neuparteien „Kam pieder valsts“ und „Jauna konservativa partija“ mit den Ansichten der bereits mitregierenden „Nacionala Apvieniba“, alle drei Parteien stimmten gegen den Pakt - „Attistibai/Par!“ und „Jauna Vienotiba“ hingegen dafür (LP: hier). Das deutet auf ein zerbrechliches Bündnis zwischen nationalkonservativen und rechtsliberalen Kräften hin.

Dennoch zeigt sich Karins zuversichtlich, dass die neue Regierung in den nächsten Tagen zustande kommt (tvnet.lv). Aber nicht alle Mitglieder der verhandelnden Parteien sind zufrieden. Didzis Smits, KPV-Politiker, zog seine Kandidatur als Wirtschaftsminister zurück, weil er den möglichen Koalitionären vorwarf, hinter den Kulissen über Personalfragen zu entscheiden, er betrachte die zukünftige Regierung als Rückschritt im Vergleich zur noch amtierenden von Maris Kucinskis (lsm.lv). Weitere zwei Abgeordnete der KPV wollen Karins die Zustimmung versagen, weil in der Koalitionsvereinbarung nicht die Abschaffung der Pflichtabgabe für erneuerbare Energien beschlossen worden sei (lsm.lv).

Dennoch dürfte Krisjanis Karins mit großer Mehrheit zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Diese Koalition wird gebildet, damit die lettisch orientierten Parteien die größte Fraktion, die „Saskana“ (Eintracht), die als Vertreterin der russischsprachigen Einwohner gilt, weiterhin von der Macht ausschließen können. Deren Politiker waren bislang nicht bereit, die Okkupation Lettlands 1940 durch die Rote Armee deutlich zu verurteilen (delfi.lv). Dies gilt als eine der „roten Linien“, wegen der die sozialdemokratisch orientierte Partei isoliert wird. Ein Mitregieren der Saskana wäre tatsächlich mal etwas Neues in der lettischen Politik gewesen und hätte für Lettland einen historischen Kompromiss bedeutet. Doch dazu scheinen beide Seiten nicht bereit zu sein.




 
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