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"Ich will dich zurück" - PR-Kampagne des Lettischen Instituts
22.07.2016


Lettische Politiker zögern, ihre Kinder im Ausland zur Rückkehr aufzufordern

Aiva Rozenberga, Leiterin des Lettischen Instituts (LI), einer staatlichen PR-Agentur, die sich um das Image Lettlands in der Welt kümmert, kündigte am 21.7.2016 eine neue Kampagne an: "Gribu tevi atpaka?" (Ich will dich zurück). Diese Aktion richtet sich an Letten, deren Verwandte und Freunde ins Ausland emigrierten. "Wir, die Menschen Lettlands, sind in einem gemeinsamen sozialen Blutkreislauf vereint und in diesen unruhigen Zeiten müssen wir uns umeinander, uns um die eigenen kümmern. Es ist die Zeit gekommen, deutlich zu sagen, dass wir unsere Landsleute nach Lettland zurückkehren sehen wollen - dann, wenn sie dafür bereit sein werden. Wenn auch zunächst auch nur für die Sommerferien, Weihnachten oder Lettlands 100jähriges Jubiläum," verkündet sie auf der LI-Webseite. In den letzten Jahrzehnten hat Lettland aufgrund der problematischen sozialen und wirtschaftlichen Lage viele Einwohner verloren. Die Geburtenrate ging zurück, junge Erwachsene emigrieren nach Großbritannien, Irland, Schweden oder Deutschland. Sie wollen der Erwerbslosigkeit in der Heimat entkommen, eine soziale Perspektive haben, im Ausland ein deutlich besseres Einkommen erzielen. Mit emotionalen Appellen will Rozenberga die Auslandsletten zur Rückkehr motivieren.

Carl Wilhelm Hübner, Abschied der Auswanderer von ihrer Heimat, 1846, Foto: Unbekannt - unknown, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35470663

 

Emotionale Appelle reichen nicht

"Wir hoffen, dass diese LI-Initiative wirklich zu einer sozialen Bewegung wird, größere Entwicklungen in der Gesellschaft in Gang setzt und uns alle antreiben wird, Schritt für Schritt das Lettland zu gestalten, in welchem uns selbst zu leben gefiele und in welches die Emigranten zurückkehren möchten," offenbart Rozenberga. Sie und ihre Mitarbeiter stellen auf Youtube.com und in den digitalen Netzwerken "Gribu tevi atpaka?"-Filme und -Texte bereit. Rozenberga ließ sich gleich zum Auftakt von Radio- und Fernsehanstalten interviewen. Dumm ist nur, dass das eigene Establishment nicht folgen will. Journalisten befragten einige Spitzenpolitiker, deren Sprösslinge im Ausland leben. Die Tochter von Augusts Brigmanis, Saeima-Fraktionsvorsitzender der Union der Grünen und Bauern (ZZS), lebte schon als 16jährige in Großbritannien. Man könne nicht lediglich sagen: "Komme bitte zurück, denn du bist Lette," wird Brigmanis von tvnet.lv zitiert. Zwar seien emotionale Aufforderungen schön und patriotisch, aber für die Ausgewanderten reiche das nicht. Sie wünschten hier eine gute Arbeit, Kindergarten, Schule, Internet, gute Straßen und auch ein Verhalten, an dem sie sich in anderen Ländern gewöhnt hätten. Andris Piebalgs, ehemaliger EU-Kommissar und neuerdings Vorsitzender der mitregierenden Partei Vienot?ba, hat zwei Töchter und einen Sohn. Die Töchter leben nach Angaben von tvnet.lv in Österreich und Großbritannien und denken offenbar nicht an eine dauerhafte Rückkehr. Laut Piebalgs arbeiteten sie in großen Firmen, die aber in Lettland keine Filialen unterhielten. Dennoch begrüßt er die LI-Initiative. Sie ermuntere Politiker Reformen und Maßnahmen zu ergreifen, um den Menschen die Möglichkeit zur Rückkehr zu verschaffen. Die wichtigste Vorbedingung sei gut bezahlte Arbeit.


 

Lettlands Bevölkerungssaldo: Die lettische Bevölkerung schrumpft kontinuierlich und hat 2015 die Zweimillionengrenze unterschritten, die Gründe sind mehr Sterbefälle als Geburten sowie Emigration, Quelle: Eurostat.

Nächstes Jahr kommt der Aufschwung

Ministerpräsident M?ris Ku?inskis (ZZS) hat einen Sohn, der als Fundamentalphysiker in Deutschland beschäftigt ist. Auf die Frage der Diena-Journalistin In?ra Egle, ob er ihn nun zur Rückkehr auffordere, antwortete der lettische Regierungschef, dass er im Gegenteil zur Vertragsverlängerung geraten habe. Nicht nur Physiker, auch junge Biologen und Chemiker hätten Schwierigkeiten, im eigenen Heimatland an wissenschaftlichen Projekten beteiligt zu werden und "wir haben schon viele junge Wissenschaftler verloren." Noch am selben Tag rückte Ku?inskis` Pressesprecher Andrejs Vaivars diese deutliche Antwort politisch etwas zurecht: Es sei eine große Verantwortung, Menschen, die der Arbeit wegen emigriert seien, zur Rückkehr aufzufordern. Der Ministerpräsident sei davon überzeugt, dass sein Sohn mit Kenntnissen nach Lettland zurückkommen werde, die für das eigene Land nützlich seien. "Sein Sohn ist Wissenschaftler, und derzeit gestaltet sich die Situation derart, dass es in seinem Fachbereich in Lettland keine Arbeit gibt. Er wünscht auch nicht, dem Beispiel von mehreren seiner Kommilitonen zu folgen, die einer Arbeit im Bankensektor den Vorzug gaben, er wünscht in seiner Disziplin zu arbeiten," erläutert Vaivars auf tvnet.lv. Laut irlv.lv vertröstet Ku?inskis auf die bessere Zukunft, die gemäß seinen Plänen in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres stattfinden werde. Dann wäre der Zeitpunkt für eine Rückkehrkampagne geeigneter, denn dann könne man jenen ein Angebot machen, die zurückkommen wollten. Falls sich alles nach Plan ereigne und keine äußeren Störungen eintreten, dann könne man im nächsten Jahr Wachstum in der Baubranche und andere ökonomische Aktivitäten erwarten, doch derzeit bestehe ein großes Risiko, dass jene, die zurückkehrten, sich täuschen können, denn Angebote bestünden nur für Spezialisten höchsten Niveaus. Auch Ku?inskis nennt neben Stabilität im Staat eine gut bezahlte Arbeit als wesentliche Vorbedingung, damit Landsleute die Rückkehr wünschten.




 
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