Lettland: Geimpfte Reisende müssen bald nicht mehr in Quarantäne
14.05.2021
Lettinnen und Letten deutlich impfskeptischer als andere EU-Bürger
Impfzentrum in Riga, Foto: Janis Vilnins, Pasa darbs CC BY-SA 3.0, Saite
Die lettische Regierung will Covid-19-Geimpften bald die Einreise ohne Quarantänemaßnahmen gestatten, auch wenn sie aus Risikogebieten kommen; einen aktuellen negativen PCR-Test müssen sie aber weiterhin vorlegen (lsm.lv). Ein Großteil der lettischen Bevölkerung ist laut einer Umfrage nicht bereit, sich impfen zu lassen. Ombudsmann Juris Jansons warnt vor einer Diskriminierung jener, die Impfungen verweigern.
Die lettische Inzidenzzahl bleibt im europäischen Vergleich auf hohem Niveau (spkc.gov.lv). Nach den Daten des SPKC vom 14. Mai 2021 sind innerhalb der letzten 14 Tage 453,3 von 100.000 Einwohnern positiv auf Covid-19 getestet worden. Das ist der sechsthöchste Wert in der EU (Zum Vergleich: Litauen 599,5; Schweden 558,4; Estland, 373,1; Deutschland 274,1; Schweiz 260,1; Italien 249; Österreich 242,3. Portugal, San Marino, Island und der Vatikan gehören mit Werten unter 50 nicht zu den Risikoländern). In den letzten 24 Stunden erhielten 666 Menschen ein positives Testergebnis, das waren 4,4 Prozent aller Covid-Getesteten, dieser Wert gilt als zu hoch, um die Fälle zurückzuverfolgen (lsm.lv). Acht Menschen starben in dieser Zeit mit einer Corona-Infektion, drei von ihnen befanden sich im Alter zwischen 60 und 69 Jahren, zwei waren jünger. Bislang wurden insgesamt 127.053 lettische Einwohner positiv getestet, 2248 Covid-19-Patienten starben. Derzeit werden 663 Covid-19-Patienten im Krankenhaus behandelt, darunter befinden sich 78 schwere Fälle.
Reisende, die gegen Covid-19 vollständig geimpft sind, können demnächst 15 Tage nach der endgültigen Spritze die lettische Grenze überqueren, ohne sich in Selbstisolation zu begeben - Selbstisolation ist eine leichtere Form der Quarantäne. Doch ein negativer PCR-Test, der frühestens 72 Stunden vor Besteigen des einreisenden Fahrzeugs erhoben wurde, ist weiterhin erforderlich. Diese Regel gilt für alle EU-Länder, Island, Norwegen, der Schweiz und Großbritannien. Zudem sollen Geimpfte ein spezielles Formular ausfüllen. Noch ist nicht klar, wann die neue Regelung in Kraft tritt.
In Lettland sind erst vier Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, damit liegt die mittlere Baltenrepublik nur einen Platz vor dem Schlusslicht Finnland (de.euronews.com). Falls in Zukunft hinreichend Impfstoff vorhanden sein wird, dürfte die Impfskepsis vieler Lettinnen und Letten der Regierung weitere Probleme bereiten. Laut einer Erhebung der EU-Agentur Eurofond wollen sich 47,8 Prozent der lettischen Einwohner bestimmt nicht oder eher nicht die Spritze geben lassen; nur in Bulgarien ist die Impfskepsis ausgeprägter (eurofond.europa.eu). Die Zahl der Impfgegner übertrifft in Lettland die Zahl der Impfbefürworter: Nur 44,8 Prozent wollen sich bestimmt oder wahrscheinlich impfen lassen - der EU-Durchschnitt liegt bei 64 Prozent. Die Autoren der Studie zeigten auch, dass persönliche Betroffenheit die Impfbereitschaft steigert. Bei Befragten, die Menschen kannten, die an einer Corona-Infektion starben, ist sie deutlich größer. Impfskepsis verbreitet sich besonders unter jenen, die sich hauptsächlich über die sogenannten sozialen Medien informieren. Das Hauptargument der Impfskeptiker ist mangelnde Sicherheit. In dieser Gruppe ist der Anteil jener hoch, die die Auswirkungen der Pandemie für übertrieben dargestellt halten oder überhaupt bezweifeln, dass der Virus existiert. Zudem ergab die Befragung, dass die Überlastung mit Covid-19-Patienten die medizinische Versorgung erschwert. 29 Prozent aller lettischen Einwohner konnten in der Pandemiezeit notwendige medizinische Hilfe nicht in Anspruch nehmen, das ist einer der höchsten Werte in der EU.
Derweil warnt Juris Jansons, Ombudsmann für Menschenrechte, vor einer Diskriminierung jener, die sich nicht impfen lassen wollen (lsm.lv). Jede und jeder hätten das Recht, die Impfung zu verweigern und dürften deshalb die Arbeit nicht verlieren. Im Interview mit der LSM-Journalistin Linda Spundina berichtete Jansons von einigen Dutzend Anfragen von Militärangehörigen und Angestellten im medizinischem Bereich, die wegen der Weigerung, sich impfen zu lassen, ihre Entlassung fürchteten. Die meisten Anfragen wurden ihm anonym gestellt. Jansons wies darauf hin, dass manche Menschen sich aus medizinischen Gründen, beispielsweise wegen allergischer Reaktionen, nicht impfen lassen dürfen. Andere verweigerten die Impfung aus religiösen Gründen oder aus Unwissenheit. Der Ombudsmann sieht im geplanten EU-Zertifikat, das den Grenzübergang erleichtern soll, eine vorbildliche Regelung: “Andererseits, wenn wir auf das angebotene Zertifikat der EU schauen, ist dort ein nichtdiskriminierendes Element eingearbeitet, das Grüne Zertifikat wird nämlich Menschen das Recht zu reisen geben, wenn sie geimpft sind, wenn sie über einen negativen Covid-19-Test verfügen, wenn sie eine Analyse vorweisen, dass sie Antikörper entwickelt haben. Im Wesentlichen umfassen diese drei `wenn, wenn, wenn` in sich ein antidiskriminierendes Element. Und das ist ein sehr ernsthaftes Signal an unsere Politiker, dies in Betracht zu ziehen. Das bezieht sich nicht nur auf Beschlüsse, sondern auch auf die Rhetorik in der Öffentlichkeit, wo sich eine diskriminierende Sprache verbreiten lässt - Geimpfe gegen Nichtgeimpfte.”
UB
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