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Anfrage an den Bankenzoo – Lettland und Guernsey schließen Vertrag über Steuerauskünfte
13.09.2012


Treffen des lettischen Botschafters und des Regierungschefs von GuernseyDie Bewohner der Kanalinsel Guernsey waren einmal Finanzexperten. Das haben sie im 19. Jahrhundert bewiesen. Als ihnen nach den napoleonischen Kriegen die Mittel für Investitionen fehlten, kam ihr Gouverneur Daniel de Lisle Brock auf die Idee, das Geld für eine Markthalle, Straßen und bessere Häuser streng kontrolliert selbst zu drucken. So entstand neben dem Britischen Pfund eine Zweitwährung, die die Inselwirtschaft in kurzer Zeit wieder in Schwung brachte. Solche Währungsexperimente werden heutzutage wieder diskutiert. Allerdings hat die Insel, die halb so groß ist wie Liechtenstein, inzwischen eher den zweifelhaften Ruf einer Steueroase. Einer der umstrittenen Oligarchen Lettlands, Ex-Ministerpräsident Andris Š??le, hat Offshore-Firmen auf Guernsey gegründet, gewiss nicht, weil die Nachfrage der 65.000 Einwohner nach seinen Dienstleistungen so groß wäre. Die jetzige lettische Regierung, die sich von den Machenschaften der Oligarchen abgrenzt, hat am 5.9.12 ein Abkommen mit Guernsey geschlossen. Peter Harwood, Regierungschef der Insel, die politisch nur der Königin, nicht aber dem britischen Staat unterstellt ist, traf sich mit Eduards Stiprais, dem lettischen Botschafter in Großbritannien. Sie unterzeichneten in London den Vertrag, der einen Informationsaustausch der Steuerbehörden vorsieht.

Treffen des Guernsey-Regierungschefs Peter Harwood (links) und des lettischen Botschafters Eduards Stiprais in London, Foto: Lettische Botschaft in London auf flickr.com

 

Wie das Erbe von de Lisle Brock verspielt wurde

Künftig können lettische Finanzbeamte Anfragen an ihre Kollegen in Guernsey stellen, so weit dies zur Steuererhebung von einzelnen Bürgern erforderlich ist. Der Vertrag verpflichtet aber nur zur Auskunft, wenn Privatpersonen im Verdacht der Steuerhinterziehung stehen. Anfragen, die allgemein Banken und Kreditinstitute betreffen, bleiben unbeantwortet. Da bleibt wohl Spielraum für manches Schlupfloch. Wie konnte Guernsey seinen guten Ruf verspielen?  Eva Stenius und Asa Brandberg geben in ihrem Artikel, der sich mit dem Wirtschaftswunder von de Lisle Brocks befasst, folgende Antwort: Banker wollten damals in Guernsey mitverdienen und empfahlen, die Geldmenge wieder zu reduzieren: „Zum Entsetzen des Gouverneurs führten die Lügen und Intrigen der Banker schließlich zu einer folgenschweren Entscheidung der gesetzgebenden Versammlung: Auf Anraten der hinterlistigen Banken wurde die umlaufende Geldmenge von 60.000 Pfund Sterling auf 40.000 Pfund Sterling reduziert. Der sofort einsetzende und spürbare Geldmangel mußte durch Bankkredite ,,ausgeglichen" werden! Bevor sich die Folgen und Lasten der Zinswirtschaft erkennbar auswirken konnten, hatte sich das überrumpelte Volk von Guernsey von der segensreichen lnselwährung verabschiedet und bekam anschließend die Knute des herrschenden Kapitals zu spüren. (…)1835 hatten die Banken ihr Ziel erreicht: Das Mirakel von Guernsey wurde endgültig im Zins ertränkt. Heute gleicht die Insel einem Bankenzoo und steht im harten Wettbewerb mit den Steuerfluchtburgen Liechtenstein und Luxemburg.“

 

Externe Linkhinweise:

regiogeld-mv.de: Das Mirakel von Guernsey

mfa.gov.lv: Latvijas v?stnieks Lielbrit?nij? paraksta Latvijas Republikas vald?bas un G?rnsijas Valstu l?gumu par inform?cijas apmai?u attiec?b? uz nodok?iem




 
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