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Lettlands Ratspräsidentschaft endet mit griechischem Fiasko
01.07.2015


Ukraine-Krise, Streit mit Russland, Tote im Mittelmeer, Attentate und zuletzt die voraussichtliche Pleite der Griechen - das erste Halbjahr 2015 war keine Sternstunde der Europäer. Das kleine Lettland, das in dieser Zeit die EU-Ratspräsidentschaft innehatte, ist für die Zerstrittenheit des internationalen Bündnisses kaum verantwortlich zu machen. Das Land, das im komplexen EU-Gebilde zwar den Vorsitz der Ministerrunden übernimmt, aber nicht mal den Ratspräsidenten stellt, ist, um es für Mittelalterfans zu formulieren, der Truchsess und nicht der Fürst der EU gewesen. Das heißt, die lettische Regierung musste sich um die Hofhaltung kümmern, für Speis und Trank sorgen, in der umfunktionierten Nationalbibliothek von Riga und an den Brüsseler Tagungsorten. Lettische Medien berichten über viel Lob für die lettische Truchsessschaft. Ministerpräsidentin Laimdota Straujuma ist stolz darauf, dass mit lettischer Hilfe der sogenannte "Juncker-Plan" in kurzer Zeit beschlossen werden konnte.

 

Hoffnung auf den Juncker-Plan

Straujuma zog vor Journalisten am 29.6.2015 ein positives Fazit. Als besonderen Erfolg wertet sie, dass ihre Regierung gemeinsam mit der EU-Kommission und dem Straßburg-Brüsseler Parlament den sogenannten "Juncker-Plan" in Rekordzeit auf den Weg gebracht habe. Gewöhnlich sei ein Jahr für solche Projekte nötig, diesmal habe man es in viereinhalb Monaten geschafft. Trotz leerer Staatskassen und Fiskalpakt soll dieser Europäische Fonds für strategische Investitionen der stagnierenden europäischen Wirtschaft neuen Schwung verleihen. Dafür werden 16 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt umgewidmet und weitere 5 Milliarden von der Europäischen Investitionsbank bereitgestellt. Diese 21 Milliarden bilden einen Garantiefonds, um private Investitionen abzusichern. Die Medien verbreiten den Betrag von 315 Milliarden Euro privaten Kapitals, der auf diese Weise aktiviert werden könne. Das Angebot richtet sich vor allem an private Lebens- und Rentenversicherer, die nach sicheren Anlagen Ausschau halten. Manche sehen darin in der Zeit des Fiskalpakts die einzig mögliche Abkehr von Angela Merkels strikter Austeritätspolitik. Andere warnen vor weiteren Public-Private-Partnership-Geschäften, bei denen nicht selten Gewinne privatisiert und Schulden sozialisiert werden. Auf der gemeinsamen Pressekonferenz lobte auch Außenminister Edgars Rink?vi?s den Juncker-Plan als Anreiz für die Wirtschaft. Er sieht Vorteile für das eigene Land: "Nun müssen wir selber darüber nachdenken, in welcher Weise wir nach Möglichkeit mehr Mittel für die Entwicklung der Bereiche Energiewirtschaft, Transport, Wissenschaft und Forschung bereitstellen. In Riga wurde der Grundstein für die Gestaltung einer Energie-Union gelegt. Ich denke, dass unter den heutigen Umständen für Lettland besonders bedeutsam ist, wenn wir unsere hundertprozentige Abhängigkeit von russischem Gas in Betracht ziehen."

 

Ab 2017 bessere Verständigung zwischen Europäern

Nach Einschätzung des ehemaligen EU-Parlamentariers Jürgen Klute waren die Vorstellungen des griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis mit Junckers Plänen vereinbar. Dieses Pflänzchen der Kooperation ist inzwischen zertreten, die lettische Ratspräsidentschaft geht mit einem Fiasko zuende. Noch ist nicht klar, welches Geld die Griechen zukünftig aus den Bankomaten ziehen werden. Auch wenn auf den ernsten Gesichtern lettischer Politiker so manche Krokodilsträne fließen mag - schließlich sind auch die Regierenden Lettlands Parteigänger deutscher Austeritätspolitik - auch wenn in lettischen Gazetten schon so manch giftiger Kommentar über "faule Griechen" zu lesen war - verglichen mit der deutschen Besserwisserei und der hysterischen Häme berichten lettische Journalisten derzeit nahezu sachlich über die Athener Turbulenzen. Experten kommen zu Wort, die voraussagen, dass die griechische Zahlungsunfähigkeit die lettische Wirtschaft kaum treffen werde. Das macht die Letten gelassener als die Deutschen, die in ihrer Wut auf Griechenland von der eigenen Verantwortung für die miserable Lage in Europa ablenken. Dass der Neo-Merkantilismus der deutschen Exporteure keinen Bestand haben wird, weil er die eigenen Kunden in den Ruin treibt, hat sich bis zur Washington Post herumgesprochen. Doch zuletzt sei noch etwas Positives von dem verkündet, was die Letten auf ihre rot-weiß-roten Fahnen schreiben: Ab 2017 soll es in der EU keine Roaming-Gebühren mehr geben. Das könnte die Verständigung zwischen Europäern verbessern.

 

 

 

Externe Linkhinweise:

https://www.freitag.de/autoren/klute/der-juncker-plan

freitag.de: Der Juncker-Plan

 

http://www.washingtonpost.com/blogs/wonkblog/wp/2015/06/23/europe-is-destroying-greeces-economy-for-no-reason-at-all/

washingtonpost.com: Europe is destroying Greece’s economy for no reason at all

 

http://www.lsm.lv/lv/raksts/latvija/zinas/es-prezidentura-devusi-parliecibu--latvijai-lieli-uzdevumi-ir-pa-spekam.a135706/

lsm.lv: ES prezident?ra devusi p?rliec?bu – Latvijai lieli uzdevumi ir pa sp?kam




 
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