Lettisches Centrum Münster e.V.

128347

Ausstellung “Attraktion. Schloss.Schönheit” zum 100. Geburtstag des Architekten Edgars Senbergs
01.04.2023


Ein großer Verlust

Flagge von Jurmala, Foto: Neaizsargâts darbs Saite

Jurmala verfügte in der Sowjetzeit über einen Vergnügungspark, deren Mittelpunkt ein futuristisch anmutendes Gebäude bildete: Das öffentliche Gebäude “Daile”, was “Schönheit” im künstlerischen Sinne bedeutet. 1976 wurde es errichtet und es galt als Architektur, die die lettische Moderne repräsentierte. Laut Ausstellungs-PR war Daile nicht einfach ein öffentliches Gebäude, sondern “der Ort, wo wissenschaftliche Ausstellungen zum Kurortbetrieb stattfanden und in der UdSSR neue Attraktionen, Spiele, Spielautomaten den Weg zur heutigen Technologie einleiteten.


Nun erinnert eine Ausstellung im Viertel Bulduri an das Haus und seinen Schöpfer, den Architekten Esgars Senbergs, der vor 100 Jahren geboren wurde und 2016 gestorben ist. Im Mittelpunktsteht ein 6 x 6 Meter großes Holzmodell von Daile. Baiba Verpe, neben dem Sohn des Architekten Kuratorin des Projekts, erklärt, was sie sich dabei gedacht hat: “Das entfachte in mir ein so großes Interesse, dass ich begriff, dass man darüber sprechen und das Objekt zeigen muss. Und die beste Art, das zu bewerkstelligen, ist tatsächlich, es mit einem Modell zu tun. Und mein Ziel war keine fragmentierte Ausstellung, denn mir war klar, dass Edgars eine große Persönlichkeit ist und man sein einzigartiges, geniales Objekt präsentieren muss.”


Der Bau wurde aus einer Reihe gleichförmiger Teile errichtet, was es nun ermöglicht, es spielerisch wie mit Lego-Bausteinen nachzubilden; zudem kann man sich in einer “Black Box” über das Leben und Werk Senbergs informieren. Verpe bezeichnet Senbergs als Person, die bis zuletzt dynamisch blieb, deshalb soll auch diese Ausstellung nichts Statisches darstellen, sondern sich in einem ständigen Wandel befinden.


Ugis Senbergs, der Sohn des Architekten, nahm sich seinen Vater zum Vorbild und erlernte denselben Beruf. Er erinnert daran, dass das Leben in der Sowjetunion für seine Eltern nicht leicht war. Als Angehöriger der lettischen SS-Legion wurde er nach Sibirien verbannt, dort malte er Aquarelle, die nun ertsmals öffentlich zu sehen sind. “Größtenteils gab es für Architekten keine interessante Arbeit. Meistens handelte es sich um den Umbau alter Häuser. Und deshalb gab er mit 60 seinen Beruf auf. Immer Geldmangel und schlechtes Baumaterial, immer große Unannehmlichkeiten,” erinnert sich der Sohn: “Dann, als ich erklärte, dass ich Architekt werden möchte, sagte die Mutter mit gemischten Gefühlen: Nesser als Bildhauer oder Künstler, Du wirst ein schweres Leben haben.”


Trotz seiner kunsthistorischen Bedeutung wurde Daile 2002 abgerissen. Dazu die Ausstellungs-PR: “In der Zeit von zwei Jahrzehnten hat sich die gesellschaftliche Einstellung gegen das jüngste Kulturerbe geändert und der Abriss des Gebäudes ist als großer Verlust anzusehen.” Die Ausstellung ist bis zum 29. April im Ausstellungshaus in Jurmala-Bulduri, Muizas Straße 6 zu sehen.


Udo Bongartz


 




      zurück