Lettisches Centrum Münster e.V.

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Das internationale Kunstmuseum Rigas Birza präsentiert Francesco Brinas "Gottesmutter mit Kind"
23.12.2022


Der Madonnero zwischen Renaissance und Manierismus

Ausschnitt aus dem Gemälde "Jungfrau mit Kind" von Francesco Brina, Foto: LNMM

Das Kunstmuseum am Rigaer Domplatz hat zur Weihnachtszeit einen eigenen Brauch entwickelt: Seit acht Jahren präsentiert es zum Jahreswechsel jeweils eine "Kunstperle" aus einer italienischen Privatsammlung: Gemälde mit christlichen Motiven aus der Renaissance-Zeit. Diesmal ist bis zum 16. Januar 2023 Francesco Brinas Werk "Jungfrau mit Kind" aus einer Mailänder Privatsammlung zu sehen. (Museum Rigas Birza, Domu Laukums 6, 4. Etage, Riga).  


Antonio Francesco Brina (1540–1586) hatte wie sein Bruder Giovanni die florentinische Accademia del Disegno besucht, die erste Schule Europas, an denen die Nachwuchsmaler ihr Handwerk professionalisieren konnten. Für die Maler der frühen Neuzeit bedeutete Kunst Auftragskunst im Dienste von Kirchenfürsten; die Repräsentanten der örtlichen Herrscherfamilie Medici waren solche im berühmt-berüchtigten Sinne. 


Die Künstler lebten davon, die biblischen Geschichten auf Fresken und Gemälden zu veranschaulichen. Manche spezialisierten sich auf bestimmte Motive; Francesco Brina gehörte zu jenen, die als "Madonnero" bezeichnet wurden, weil sie ständig die Jungfrau Maria mit dem Kind auf die Leinwand brachten. Er spezialisierte sich auf Bilder im mittelgroßen Format, war aber auch an Größerem beteiligt.


Zu Medicis Zeiten war die Bebilderung der Kirchenwände Teamarbeit. Freskenmalerei gestaltete sich schwierig und aufwändig. Die Brüder Brina beteiligten sich an solchen Gruppenarbeiten, doch ein spezieller Pinselstrich, der ihren Anteil am Gesamtwerk belegen könnte, ist nicht mehr erkennbar. Die beiden gehörten beispielsweise zum Malerteam, das im Kloster San Girolamo in San Gimigniano das Refektorium, den klösterlichen Speisesaal, mit einem Fresko ausstattete. Dessen Titel klingt in deutschen Ohren recht mathematisch: Moltiplicazione dei pani. Jesus war bekanntlich jener, der auf wundersame Weise das Brot multipliziert hatte.


Kunsthistoriker werten die Brüder Brina als zweitrangige Maler. Das klingt abwertend, bedeutet aber nur, dass ihnen nicht der Nachruhm Raffaels oder Da Vincis zuteil wurde. Ihr Handwerk beherrschten sie durchaus. Zeitgenosse Giorgio Vasari gilt als „erster Kunsthistoriker“. Liebhaber des Kölner Doms werden ihn hassen, denn ihm missfielen die Kathedralen nördlich und westlich der Alpen, die er als erster mit dem italienischen Schimpfwort „gotico“ diffamierte. Vasari hat Francesco Brina immerhin als „jungen florentinischen Maler“ in einem seiner Texte erwähnt. 


Die italienische Enzyklopädie* treccani.it stuft das Schaffen Francesco Brinas an der Grenze zwischen Renaissance und Manierismus ein. Das Wort „manieristisch“ hat heutzutage nicht den besten Klang. Kunsthistoriker bezeichnen damit die Epoche, die der Renaissance folgte. Damals emanzipierten sich die Künstler von den antiken Vorbildern und suchten nach einem persönlichen Ausdruck, der zuweilen schwülstig und unecht geriet. Zudem stellen die italienischen Kritiker bei Brina einen gegenreformatorischen „Archaismus“ fest und beurteilen dessen Handhabung des Pinsels in folgender Weise: „[...] die manieristische Kultur in der Akzentuierung eines affektierten Gestus bleibt an der Oberfläche, in einer gewissen äußeren Preziösität wie Bänder für Frisuren, der Glanz des Geschmeides. Typisches Merkmal Francescos ist eine matte Farbpalette, ohne scharfe Kontraste, die aber beißende, sozusagen säuerliche Nuancen aufweist.“  

Die PR des Museums wertet das Bild als "hervorragendes Beispiel der italienischen Spätrenaissance, das die Kompositionsprinzipien der Hochrenaissance bzw. des `Goldenen Zeitalters` bewahrt, zugleich die bekannten Kennzeichen des Manierismus aufweist".


Den Leserinnen und Lesern der "Lettischen Presseschau" wünsche ich besinnliche Festtage und einen frohen Jahreswechsel.

 

*Hier behauptete ich ursprünglich, es handele sich um eine kunsthistorische Webseite. Eine Leserin wies mich auf den Fehler hin. 


Udo Bongartz 




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