150. Jubiläumsjahr des lettischen Landschaftmalers Vilhelms Purvitis
13.03.2022
Der melancholisch-erhabene Blick auf lettische Landschaften
Winter, Gemälde von Purvitis aus dem Jahr 1910, Foto: LNMM
Wer in einen Saal kommt, wo die meistens großflächigen Landschaftsgemälde Purvitis` gezeigt werden, den erfasst eine leicht melancholische, aber zugleich angenehm erhabene Stimmung. Die menschenleeren Bilder zeigen den Vorfrühling, wenn noch der Schnee die Erde bedeckt, aber das Eis auf dem Bach schon geschmolzen ist. Die weißen Stämme der Birkenwälder enden in noch blattlosen, rostfarbenen Kronen. Auf einem anderen Bild sind die Birken im Vordergrund belaubt. Sie stehen an einem Bach, der sich bis zum Horizont zu einem See erweitert. Ein mattes, durch Wolken gedämpftes Sonnenlicht taucht die dunkle Landschaft in einen goldenen Schimmer. Kunstexperten weisen darauf hin, dass Purvitis mit seiner Kunst den lettischen Blick auf die heimische Landschaft geprägt hat. Das Lettische Nationalmuseum der Kunst erinnert zu seinem 150. Jahresjubiläum mit einer Ausstellung an das Lebenswerk des Meisters.
Purvitis wurde am 8. März 1872 in Vecjauzi bei Ogre geboren. Er stammte aus einer Müllerfamilie, die sich schon bald in Wizebsk nach einem neuen Erwerb umschauen musste. Die Lehrer entdeckten das Talent des Jugendlichen und es gelang ihm schließlich, eine Ausbildung an der Petersburger Kunstakademie zu absolvieren, wo er sich auf die Landschaftsmalerei spezialisierte. Er lernte die lettischen Kommilitonen Janis Rozentals und Janis Valters kennen, mit denen er sich auf Studienreisen nach Deutschland, Frankreich und Österreich-Ungarn begab. Seine Petersburger Abschlussarbeit Die letzten Strahlen zeigt ein Kloster an einem See, der sich in einer sanften gold- und braunfarbenen Hügellandschaft befindet, die hier und da noch mit Schnee bedeckt ist, vom letzten Sonnenlicht erhellt. Das Gemälde fand zur Jahrhundertwende auf Ausstellungen in Paris, München und Lyon Beachtung. Nach der lettischen Unabhängigkeit wurde Purvitis Leiter des städtischen Kunstmuseums (des heutigen Nationalmuseums). Bis zu seiner Flucht vor der Roten Armee 1944 blieb er Museumschef. Zudem wurde er Direktor der Lettischen Kunstakademie, die im Nachbargebäude untergebracht ist; er verlor dieses Amt aber im Jahr 1934, als Karlis Ulmanis das Land in eine Diktatur verwandelte. Das Kriegsende erlebte Purvitis nicht mehr - er starb am 14. Januar 1945 in Bad Nauheim.
Im Jubiläumsjahr wollen die LNMM-Kuratorinnen Purvitis national und international in Erinnerung rufen, dabei aber auch einen Blick auf bislang unbekannte Aspekte seines Schaffens aufzeigen. Vom 28. Mai bis zum 9. Oktober 2022 präsentieren sie im Großen Saal des Nationalen Kunstmuseums, also der Institution, die der Maler selbst geleitet hatte, die Ausstellung PURVITIS, die seinen verschiedenen Schaffensperioden gewidmet ist. Kuratorin Aija Braslina beschreibt ihre Überlegungen zu Titel und Inhalt: Der Name Purvitis ist in unserem Bewusstsein mit dem von ihm geschaffenen Landschaftsbildern verbunden und er wurde zu einem Zeichen nationaler Identität. Der Titel der Ausstellung `PURVITIS` ist lakonisch und ikonisch. Einfach als Ausruf angesichts der purvitishaften Landschaften in der lettischen Natur, gleichzeitig stark, erkennbar und in Großbuchstaben geschrieben, als Symbol. [...] Da sowohl die kanonischen landschaftlichen Meisterwerke als auch die weniger bekannten zu sehen sind, bezweckt diese Retrospektive, den Wechsel und stilistische Vielfalt der Malerei Purvitis` aufzuzeigen, die charakteristischen Motive und Stimmungen, aber auch einen Einblick in die Biographie und in das verlorene Werk `In der Galerie der Schatten` zu bieten.
Die UNESCO, die Kulturorganisation der Vereinten Nationen, hat das 150. Geburtsjahr des Malers in ihren Jahres-Fest-Kalender aufgenommen. Neben der Ausstellung werden weitere Veranstaltungen stattfinden und die Forschung zu Purvitis wird gefördert, Sonderbriefmarken und Sondermünzen erscheinen. Der Kulturfonds Viegli fördert die Herrichtung des Geburtshauses von Purvitis zum Gedenkmuseum. Eine Niederländerin, die das Gelände in der Gemeinde Taurupe bei Ogre in den 90er Jahren erworben hatte, stellte es nun zur Verfügung. Bereits in diesem Jahr sollen Freilichtveranstaltungen stattfinden.
UB
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