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Covid-19: Letten begrüßten das neue Jahr in Ausgangssperre
02.01.2021


Lockdown bis 7. Februar verlängert

Maskenpflicht in lettischen Bussen, Foto: Iriss Svikli, Pasa darbs CC BY-SA 4.0, Saite

Die Einwohner Lettlands mussten das neue Jahr in den eigenen vier Wänden begrüßen. Die Regierung hatte zwei Tage zuvor eine Sperrstunde von 22 bis 5 Uhr verordnet, die noch bis zum 4. Januar und außerdem am Wochenende vom 8. bis 10 Januar gültig ist. Trotz des im November verkündeten Lockdowns, der den Geschäftsbetrieb einschränkt, Versammlungen und Veranstaltungen untersagt und persönliche Begegnungen in der Öffentlichkeit nur zu zweit zulässt, verbreitet sich das Virus unkontrolliert weiter. Die ermittelten Neuinfektionen erreichten zu Silvester mit 1.861 positiv Getesteten einen weiteren Negativrekord.

 

Die Tageszeitung Diena berichtete über die Einsätze der städtischen Polizei Rigas, zu denen sie in der Silvesternacht gerufen wurde, um Verstöße gegen die Sperrstunde (komandantstunda) zu ahnden. Polizisten überprüften 87 Personen, die sich auf der Straße befanden, auf Feten versammelt oder an versteckten Orten Feuerwerkskörper angezündet hatten. Sie verhängten Bußgelder bis zu 100 Euro.  

Ein Vergehen, das darauf hindeutet, dass die Corona-Krise und der Versuch ihrer Bewältigung manchen psychisch überfordert, bot ein nächtlicher Passant, der sich mit einer Axt auf Nachtwanderung begeben hatte. Trotz mehrmaliger Ansprache konnten die Polizisten nicht den Grund seines Vorgehens herausfinden. Er ignorierte zudem die Aufforderung, die Axt fallen zu lassen. Er wurde mit einem Elektroschocker überwältigt und von Sanitätern in eine psychiatrische Klinik eingeliefert (diena.lv).

Zu derselben Zeit kontrollierten 2.000 lettische Polizisten, Grenzschützer und Nationalgardisten landesweit Übertretungen gegen Sperrstunde und Ausnahmezustand. Sie überprüften 5.346 Personen, von denen etwa die Hälfte verwarnt wurden. In mehr als 1.100 Fällen ermittelten sie Ordnungswidrigkeiten und verhängten Bußgelder; einmal bis zu 2.000 Euro gegen jemanden, der eine Silvesterparty mit 11 Teilnehmern organisiert hatte.  

Die Ordnungshüter waren schon eine Nacht zuvor unterwegs gewesen. Sie leiteten nicht nur gegen nächtliche Spaziergänger ein Verfahren ein, sondern auch gegen 23 Reisende, die es versäumt hatten, sich vor Grenzübertritt auf der Webseite covidpass.lv zu registrieren. Polizisten beschwerten sich, dass die zur Rede Gestellten häufig aggressiv reagierten und sich weigerten, persönliche Angaben zu machen (lsm.lv).

Die Einführung einer Sperrstunde zu einer der feierlaunigsten Zeiten verdeutlicht die Nervosität der Regierung, die trotz des Lockdowns sich weiterhin mit steigenden Infektionszahlen konfrontiert sieht. Zu Silvester verkündete das Zentrum für Krankheitsprophylaxe und -kontrolle (SPKC) den Negativrekord von 1.861 ermittelten Neuinfektionen, das waren 15 Prozent der an diesem Tag Getesteten; bei Anteilen von über 4 Prozent können die Pandemiebekämpfer die Infektionswege nicht mehr zurückverfolgen. In den lettischen Kliniken befanden sich an diesem Tag 999 Covid-Patienten, der Zustand von 60 Erkrankten ist lebensbedrohlich. Im Durchschnitt der letzten Tage sterben täglich 17 Menschen, die mit dem Virus infiziert sind (lsm.lv).

Gesundheitsministerin Ilze Vinkele begründete am 29. Dezember die Verschärfungen und die Verlängerung des Lockdowns bis zum 7. Februar 2021. In den lettischen Kliniken kämpften etwa tausend Menschen um ihre Gesundheit, die Mediziner seien am Rand der Erschöpfung, die Infektionszahlen verringerten sich nicht. Die Sperrstunde sei eine vergleichsweise radikale Maßnahme, um Begegnungen zwischen Freunden und Verwandten zu verhindern. Schließlich wies die Ministerin auf die Impfungen, die in Lettland zu gleicher Zeit wie in anderen EU-Ländern begonnen haben. Hierzulande sollen in der ersten Runde Klinikangestellte zur Spritze geführt werden, danach kommen die Beschäftigten und Bewohner der staatlichen Pflegeheime an die Reihe, diese Sozialzentren sind schön des öfteren wegen Covid-19-Infektionen in den Schlagzeilen gewesen.

Ende Dezember waren etwa 70 Prozent der 1081 Betten belegt, die für Covid-Patienten vorgesehen sind (delfi.lv). Nicht Ausstattung und Kapazität, sondern der chronische Personalmangel könnte in den Kliniken zu Versorgungsproblemen führen. Sanita Janka, Abteilungsleiterin im Gesundheitsministerium ist der Ansicht, dass die Krankenhäuser derzeit noch zurechtkämen, obwohl sich Ärzte ansteckten und die Pandemie weiter um sich greife - seit dem 10. Dezember gilt für Kliniken ein spezieller Ausnahmezustand, der berechtigt, Personal flexibler einzusetzen. Im Notfall solle niemand zögern, den Rettungsdienst anzurufen, jeder könne versorgt werden.  

Kritischer wertet eine Ärztin aus Jelgava, die im Rettungsdienst arbeitet, die medizinische Lage (lsm.lv). Anita Abula beobachtete, dass die Rettungsfahrzeuge vor den Klinikeinfahrten Schlange stehen und sie oftmals die Route ändern müssen, weil Stationen belegt sind. “Ich habe selbst Patienten von Jelgava ins Regionalkrankenhaus von Liepaja gebracht, Kollegen begaben sich ins Krankenhaus von Jekabpils. Und es geschieht nicht selten, dass noch während des Transports sich die Situation verändern kann,” berichtete sie der TV-Sendung Panorama.  

Für Abula bedeutet die Beachtung der Corona-Regeln solidarisches Handeln, die Maßnahmen seien zielgerichtet. Jeder neu aufgenommene Patient nehme einem anderen die Möglichkeit auf ärztliche Behandlung, Plätze und Ressourcen seien nicht unbegrenzt. Es könne die Zeit kommen, dass sie zu Ende gingen. Immer öfter begegne sie Patienten, die über den Anblick ärztlicher Schutzkleidung entsetzt seien, wenn sie in eine Klinik gebracht werden. Die täglichen Informationen über Krankheit und Tod seien zu heftig. Gewiss hätten die Menschen Angst vor dem Ungewissen. Abula und ihre Kollegen bemühten sich, die Patienten zu beruhigen.

UB

 




 
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