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Lettische Lehrergewerkschaft LIZDA plant im April einen dreitägigen Streik
18.03.2023


“Solcher Hochmut, rechtlicher Nihilismus, Respektlosigkeit, politische Gewalt”

LIZDA-Protest vor der Saeima, Foto: lizda.lv

 

Die lettische Gewerkschaft für Angestellte in Bildung und Wissenschaft (LIZDA) hat am 15. März 2023 Protestaktionen angekündigt (lizda.lv). Am 24. April werden Lehrerinnen und Lehrer in der Rigaer Innenstadt demonstrieren. Sollte die Regierung die aktuellen Forderungen nach Gehaltserhöhungen nicht doch noch erfüllen, ist anschließend ein dreitägiger Streik geplant.


Die Nachrichten über Lehrerproteste gleichen sich seit Jahrzehnten. LIZDA-Vorsitzende Inga Vanaga wies laut LSM darauf hin, dass zwischen 1994 und 2022 ihre Gewerkschaft bereits 30 Protestaktionen organisierte, um die mäßigen Gehälter der Pädagogen zu erhöhen (lsm.lv). Stets blieben die erhofften Gehaltserhöhungen aus; die Regierungen hielten Zusagen nicht ein. Während das aktuelle Ministerkabinett bei militärischen Ausgaben eine Art Rüstungskeynesianismus betreibt und international fordert, dass NATO-Mitglieder zukünftig 2,5 Prozent des BIP für Militärisches verwenden, bleibt sie, was Bildung betrifft, wirtschaftsliberal und weist auf angeblich leere Kassen.


Im letzten September hatte die damalige Regierungskoalition einer Forderung von LIZDA entsprochen und zugesagt, allen Schulen mehr zu zahlen, damit mehr Geld für Gehaltserhöhungen zur Verfügung steht. So konnte sie Protestaktionen der Lehrergewerkschaft kurz vor den Saeima-Wahlen verhindern. Nun, nachdem sich das neue Kabinett gebildet hat, dem zwar ein neuer Koalitionspartner angehört, aber das weiterhin vom Ministerpräsidenten Krisjanis Karins und seiner Partei Jauna Vienotiba angeführt wird, will es sich an diesen Beschluss nicht halten.


Die neue Bildungsministerin Anda Caksa entgegnete, dass ab 1. September 2023 Gehalterhöhungen erfolgen werden. Der Mindest-Brutto-Lohn für Pädagogen soll dann von 7.75 Euro auf 8,50 Euro erhöht werden. Doch das ist weniger, als vereinbart worden war, nämlich, dass jeder Pädagoge einen monatlichen Mindestlohn von 1080 Euro und Lehrer insgesamt mehr Geld erhalten sollen. Dieser Mindestlohn entspricht in etwa dem Durchschnittseinkommen von lettischen Lohn- und Gehaltsbeziehern. Die Reallohnverluste der letzten Zeit sind angesichts von zweistelligen Inflationsraten für lettische Erwerbstätige deutlich spürbarer als in anderen EU-Ländern.


Krisjanis Karins warf der Lehrergewerkschaft vor, die Gewerkschafter verharrten in der Pose “keine Veränderungen, gebt nur mehr Geld”. Der Einwohnerschwund führte dazu, dass manche Schulen nur noch geringe Schülerzahlen aufwiesen. Als “Reform” betrachteten die Politiker, Zwergschulen zu schließen, Schulen zusammenzulegen und die Finanzierung von der Schülerzahl abhängig zu machen. Wer in kleinen Klassen unterrichtet, erhält weniger Gehalt. In 43 Kommunen fanden solche “Reformen” statt. LIZDA befürchtet, dass in 23 von ihnen Lehrer von einer Anhebung des Mindestlohns nicht profitieren werden, weil sie bereits jetzt mehr verdienen. Doch die genauen Zahlen des Ministeriums kennt die Gewerkschaft nicht: “Wir entnehmen diese Informationen aus den Medien. So sieht die Kultur der Kommunikation und Kooperation aus. Solcher Hochmut, rechtlicher Nihilismus, Respektlosigkeit, politische Gewalt müssen gestoppt werden,” meinte Vanaga. (jauns.lv) LIZDA beharrt darauf, Gehaltserhöhungen für alle Lehrer durchzusetzen.


Inga Vanaga vermutet, dass ähnlich wie im letzten Herbst die Regierung auch diesmal kurz vor Beginn des Streiks die LIZDA-Forderung erfüllen könnte. Dann entfiele der Anlass für einen Streik. Die geplante Demonstration durch die Rigaer Innenstadt am 24. April, vorbei am Ministerkabinett, Saeima und Bildungsministerium, soll aber auf jeden Fall stattfinden. Vanaga schätzt, dass etwa ein Drittel der 24.218 LIZDA-Mitglieder teilnehmen könnten. Sie ruft auch Nichtmitglieder dazu auf, sich an der Demonstration und am Streik zu beteiligen.


Udo Bongartz 




 
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