Lettisches Centrum Münster e.V.

   
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Lettland: Regierung will Corona-Ausnahmezustand bis zum 28. Februar 2022 verlängern
07.01.2022


Opposition wirft der Regierung vor, mit chaotischen Maßnahmen Vertrauen zu verspielen

Die Situation in lettischen Kliniken bleibt angespannt, Foto: UB

Die lettische Regierung beabsichtigt, den Corona-Ausnahmezustand bis zum 28. Februar 2022 zu verlängern. Somit gilt für Geimpfte und Genesene weiterhin das “grüne” und für Ungeimpfte das “rote” Regime. Letzteres sieht zahlreiche Beschränkungen vor: Ohne gültiges Covid-Zertifikat wird  Kundinnen und Kunden der Zutritt zu vielen Geschäften und Veranstaltungen verwehrt. Durch eine vorübergehende Ausgangssperre und dem anschließenden Ausnahmezustand hatte die Regierung die hohen Infektionsraten in den Griff bekommen; derzeit weist Lettland geringere Inzidenzzahlen  als Deutschland oder die Schweiz auf (spkc.gov.lv). Die Saeima-Mehrheit wird die Verlängerung voraussichtlich bestätigen. Doch die oppositionelle Saskana-Fraktion, die nicht zu den Pandemieskeptikern zählt, will dagegen stimmen.


“Kollegen, die starke lokale Verbreitung von Omikron in Lettland hat begonnen. Das ist unsere Vorhersage, die sich leider erfüllt hat. Und bei der Geschwindigkeit des derzeitigen Anstiegs in Lettland entspricht das der Prognose der Verdoppelung innerhalb von zwei bis drei Tagen,” sagte Gesundheitsminister Daniels Pavluts am Kabinettstisch (lsm.lv). Bis zum 4. Januar hatte das SPKC insgesamt 917 Omikron-Infektionen festgestellt, über Nacht kamen 517 neue hinzu. Für Pavluts sind die geltenden Corona-Beschränkungen alternativlos. Auch in Lettland fürchten Politiker und Wissenschaftler einen raschen Anstieg der Omikron-Infektionen. Besonders Ungeimpfte sind gefährdet; deren stationäre Behandlung könnte die lettischen Kliniken erneut überlasten.


Wer sich in Lettland ohne gültiges Covid-Zertifikat aufhält, ist vom öffentlichen Leben größtenteils ausgeschlossen (lsm.lv). Ungeimpfte dürfen nur Geschäfte des lebensnotwendigen Bedarfs aufsuchen (kleine Lebensmittelgeschäfte, Apotheken usw.). Die Zahl der Kunden, die Geschäftsräume gleichzeitig betreten dürfen, ist beschränkt, daher bilden sich vor manchen Eingängen Wartereihen. Vergnügungsstätten bleiben geschlossen. Restaurant-Betreiber dürfen nur Gäste mit Covid-Zertifikat bedienen, an den Tischen jeweils nur vier Besucher Platz nehmen, zwischen den Tischen muss mindestens zwei Meter Abstand bleiben. Überall in geschlossenen, öffentlich zugänglichen Räumen herrscht Maskenpflicht. Bei Kulturveranstaltungen muss die Ticket- und Platzvergabe personalisiert sein. Kinder unter 12 Jahren benötigen kein Covid-Zertifikat; Kinder ab zwölf Jahren können außer einem Zertifikat auch ein negatives Testergebnis vorlegen. Die maximale Besucherzahl darf 500 nicht übersteigen. Zwischen den Plätzen ist der Abstand geregelt, es darf kein Gedränge entstehen. Versammlungen dürfen in geschlossenen Räumen mit höchstens zehn Teilnehmern stattfinden, im freien Gelände sind zwanzig erlaubt.


Wer nach Lettland einreist und über ein gültiges Covid-Zertifikat verfügt, muss sich nicht in die zehntägige Selbstisolation begeben. Einreisende aus Deutschland benötigen allerdings ein negatives Covid-Testergebnis, das im Falle eines Antigentests bei der Einreise nicht älter als 48 Stunden, im Falle eines PCR-Tests nicht älter als 72 Stunden sein darf. Das Transportunternehmen darf Passagiere ohne aktuelles negatives Testergebnis nicht ins Fahrzeug lassen. Einreisende müssen sich zuvor auf der Webseite covidpass.lv angemeldet haben.


Die oppositionelle Saskana, größte Fraktion der Saeima, hat inzwischen angekündigt, der Verlängerung nicht zuzustimmen. Damit ist die Regierungsmehrheit allerdings noch nicht gefährdet. Zwar erkenne die Partei die Ernsthaftigkeit der Pandemie an und unterstütze die meisten vom Gesundheitsminister beschlossenen Maßnahmen, doch dafür sei kein Ausnahmezustand erforderlich, heißt es in ihrer Pressemitteilung vom 7. Januar 2022 (nra.lv). Dahinter wolle die Regierung lediglich ihre Planlosigkeit, Untätigkeit und Verschwendung für fragwürdige Einkäufe verbergen. Die Regierungsparteien entschieden hinter verschlossenen Türen und drängten das gewählte Paralament in die Rolle einer Abstimmungsmaschine.


Die “absurden Folgen” seien offensichtlich: “Die Menschen vertrauen den Beschlüssen der Regierung nicht, oftmals folgen sie nicht einmal vernünftigen Forderungen.” Das sei insbesondere an den Impfmaßnahmen erkennbar: “Nach den kriminellen und nachlässigen Fehlern bei den Einkäufen, dem ursprünglichen Chaos in der Organisation des Impfprozesses, der fantastischen Verschwendung bei der Organisation der Impfzentren, unverständlicher Kommunikation und unprofessioneller PR-Kampagne wenden sich viele Menschen den Argumenten der Impfgegner zu und vermeiden es weiterhin, sich der nötigen Impfung zu unterziehen.”


Diese sozialdemokratische Fraktion wirft Karins` Mitte-Rechts-Kabinett vor, die materielle Lage der Einwohner zu ignorieren und somit den Unmut und irrationale Proteststimmung erst zu schüren. Es solle auf den Boden der Tatsachen zurückkehren und erkennen, wie zerstörerisch sich nicht nur die Pandemie erweise, sondern auch der “katastrophale Preisanstieg bei Strom, Heizung, Lebensmitteln und Brennstoffen. Wenn die Regierung nicht den Wunsch und den politischen Willen hat, umfassende Unterstützung in dieser Krise zu leisten, dann werden keine neuen epidemiologischen Beschränkungen wirken. Die Regierung nährt mit ihnen nur die chaotische Proteststimmung.”


Saskana wolle der Regierung keine Vollmacht erteilen, weiterhin chaotische Beschlüsse mit dem Ausnahmezustand zu entschuldigen. Die Regierung müsse bereit sein, die eigenen Beschlüsse öffentlich zu begründen und ihre Notwendigkeit darzulegen. “Nur so besteht die Möglichkeit, die Vertrauenskrise zu verringern, welche immer mehr unsere Gesellschaft bedroht.”


UB


 




 
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