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Hoffnung für Exilletten: Oberster Gerichtshof plädiert für doppelte Staatsbürgerschaft
14.09.2009


Lettischer Reisepass Baiba Lapi?a-Strunska hat am 25.8.09 erstmals Genugtuung erfahren: Die Senatsrichter des obersten lettischen Gerichtshofs erkannten das Recht ihrer Familie auf die lettische Staatsbürgerschaft an. Fünf Jahre lang klagte sich die Exillettin erfolglos durch drei untere Instanzen, um ihrer Tochter das Recht auf einen lettischen Pass zu ermöglichen. Nun stellten die Richter einen Antrag an die Kollegen des lettischen Verfassungsgerichts, dieses Recht festzustellen. So könnten viele Exilletten doch noch die Möglichkeit bekommen, anerkannte Staatsbürger ihres Heimatlandes zu werden.
Vielen Exilletten bleibt der Pass ihrer Heimat derzeit verwehrt. Doch die Weigerung der Behörden könnte verfassungswidrig sein.
Lapi?a-Strunska lebt und arbeitet im bayerischen Holzheim. Sie und ihr Ehemann sehen sich als doppelte Staatsbürger, denn sie haben einen deutschen und einen lettischen Pass. Als sie bei der lettischen Behörde für Staatsbürgerschafts- und Migrationsangelegenheiten (Pilson?bas un migr?cijas lietu p?rvalde, PMLP) den Antrag stellten, auch ihrer Tochter die lettische Staatsbürgerschaft zu bekunden, erlebten sie eine böse Überraschung: Die Beamten weigerten sich nicht nur, das Dokument auszustellen, sondern stellten auch die lettische Bürgerschaft des Ehepaars in Frage: Ihr Exilpass sei lediglich ein Dokument, das eine Anwartschaft auf die Staatsbürgerschaft darstelle und bekunde keineswegs diese selbst. Erst wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit aufgäben, hätten sie das Recht, lettische Bürger zu werden.
Das Justizministerium befindet sich im Gebäude des Regierungskabinetts
Auch im lettischen Justizministerium, das sich mit dem Regierungskabinett das Gebäude teilt, dürfte Lapi?a-Strunskas Fall verfolgt werden. Foto: Udo Bongartz

Seit 1995 weigern sich die Beamten, Exilletten Pässe auszustellen, bis dahin gewährte eine Übergangsregelung die doppelte Staatsbürgerschaft. 30.000 Letten, die im westlichen Ausland leben, haben diese Möglichkeit genutzt.

Die Juristen stellten nun fest, dass das Staatsbürgerschaftsgesetz die Menschenrechte beschränke und nicht der lettischen Verfassung entspreche. Sie stellten einen Antrag an das Verfassungsgericht, über diesen Fall zu urteilen. Gemäß einer Pressemitteilung der Klägerin begründeten sie ihre Zweifel mit folgenden Argumenten:

- Trotz sowjetischer Okkupation bestand aus rechtlicher Sicht der lettische Staat ununterbrochen fort und somit bestehe auch eine Kontinuität der Staatsbürgerschaft.

- Die Institutionen des lettischen Staats seien verpflichtet, das Gebot der Kontinuität des lettischen Staats bei ihren Entscheidungen zu berücksichtigen.

- Den ausländischen Nachfahren der Exilletten müsse das ius sanguinis-Prinzip gewährt werden. Das heißt: Kinder, die im Ausland geboren werden, aber von lettischen Eltern abstammen, haben das Recht auf einen lettischen Pass.

- Die lettischen Gesandtschaften, die während der sowjetischen Besatzungszeit im Exil tätig waren, handelten im Sinne des lettischen Staats, um seine Fortdauer zu gewährleisten. Deshalb seien die Beschlüsse und Maßnahmen dieser Institutionen gültig. Westliche Staaten wie die USA oder Australien, die die sowjetische Okkupation nie anerkannt hatten, betrachteten die lettischen Gesandtschaften als diplomatische Vertretungen, die auch das Recht hatten, lettische Pässe auszustellen.

Sollten sich die Verfassungsrichter dieser Ansicht anschließen, besteht für viele Letten im Ausland die Möglichkeit, doch noch den lettischen Pass zu erhalten. In der Stalinzeit flohen viele Letten in den Westen, um dem Tscheka-Terror, den Deportationen und Verfolgungen zu entkommen. Sie fanden unter anderem in Deutschland eine neue Heimat. Doch die Erinnerung an die alte blieb. In vielen Familien der Exilletten werden die Traditionen und die Sprache ihres Herkunftslandes gepflegt, so dass auch die Nachkommen oftmals noch die Muttersprache ihrer Eltern beherrschen.

Udo Bongartz

 




 
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