Hoffnung für Exilletten: Oberster Gerichtshof plädiert für doppelte Staatsbürgerschaft
14.09.2009
Seit 1995 weigern sich die Beamten, Exilletten Pässe auszustellen, bis dahin gewährte eine Übergangsregelung die doppelte Staatsbürgerschaft. 30.000 Letten, die im westlichen Ausland leben, haben diese Möglichkeit genutzt.
Die Juristen stellten nun fest, dass das Staatsbürgerschaftsgesetz die Menschenrechte beschränke und nicht der lettischen Verfassung entspreche. Sie stellten einen Antrag an das Verfassungsgericht, über diesen Fall zu urteilen. Gemäß einer Pressemitteilung der Klägerin begründeten sie ihre Zweifel mit folgenden Argumenten:
- Trotz sowjetischer Okkupation bestand aus rechtlicher Sicht der lettische Staat ununterbrochen fort und somit bestehe auch eine Kontinuität der Staatsbürgerschaft.
- Die Institutionen des lettischen Staats seien verpflichtet, das Gebot der Kontinuität des lettischen Staats bei ihren Entscheidungen zu berücksichtigen.
- Den ausländischen Nachfahren der Exilletten müsse das ius sanguinis-Prinzip gewährt werden. Das heißt: Kinder, die im Ausland geboren werden, aber von lettischen Eltern abstammen, haben das Recht auf einen lettischen Pass.
- Die lettischen Gesandtschaften, die während der sowjetischen Besatzungszeit im Exil tätig waren, handelten im Sinne des lettischen Staats, um seine Fortdauer zu gewährleisten. Deshalb seien die Beschlüsse und Maßnahmen dieser Institutionen gültig. Westliche Staaten wie die USA oder Australien, die die sowjetische Okkupation nie anerkannt hatten, betrachteten die lettischen Gesandtschaften als diplomatische Vertretungen, die auch das Recht hatten, lettische Pässe auszustellen.
Sollten sich die Verfassungsrichter dieser Ansicht anschließen, besteht für viele Letten im Ausland die Möglichkeit, doch noch den lettischen Pass zu erhalten. In der Stalinzeit flohen viele Letten in den Westen, um dem Tscheka-Terror, den Deportationen und Verfolgungen zu entkommen. Sie fanden unter anderem in Deutschland eine neue Heimat. Doch die Erinnerung an die alte blieb. In vielen Familien der Exilletten werden die Traditionen und die Sprache ihres Herkunftslandes gepflegt, so dass auch die Nachkommen oftmals noch die Muttersprache ihrer Eltern beherrschen.
Udo Bongartz
Atpakaï