Streit um Homosexualität in Lettland: Rigas Stadträte warnen vor Sodom und Gomorra
04.05.2012
Am 23.4.12 schrieben die Mitglieder des Komitees für Fragen der Sicherheit, Ordnung und Korruptionsbekämpfung, dies ist ein Gremium des Rigaer Stadtparlaments, der Nichtregierungs-Organisation Mozaika einen Brief. Vorsitzender Dainis Turlais informierte die Aktivisten, die sich für die Rechte sexueller Minderheiten einsetzen, über die Beschlüsse seines Komitees vom 19.4.12. Die von Mozaika geplanten „Tage der Freundschaft“ vom 30. Mai bis 2. Juni stellten einen Akt der „Aggression“ gegenüber anderen dar. Weder Lettland noch Riga dürfe das Schicksal Sodoms ereilen und wörtlich: „Das ist nicht nur die Strafe Gottes, das ist auch der Zusammenbruch des Wertesystems und eine demographische Katastrophe, was Lesben, Gays, Bisexuelle, Transgender und ihre Freunde propagieren.“ Lettische Kommentatoren spotten über die Kommunalpolitiker, die ihren Kampf gegen die Homosexualität mit Bibelzitaten rechtfertigen.
Kampf gegen Homophobie, Foto: Kurt Löwenstein Educational Center International Team
Mit Jauche gegen unliebsame sexuelle Orientierung
Seit 2005 organisieren die Mozaika-Aktivisten Pride-Gänge durch die Rigaer Innenstadt. Lesben und Schwule sollen Gelegenheit haben, sich öffentlich zu ihren sexuellen Neigungen zu bekennen. Der Zug bunt Kostümierter, an dem viele internationale Gäste teilnehmen, demonstrierte bislang stets friedlich und freundlich für seine Rechte. Aggressiver zeigte sich das Publikum jenseits der Polizei-Absperrungen, wo eine Menge Homophober sich nicht immer nur mit „No Pride, No Pride“-Gegröhle begnügte. Einmal bewarfen sie die Demonstranten mit Jauche. Seit 2009 finden die Demonstrationen abwechselnd in den drei baltischen Staaten statt. Wie in vielen osteuropäischen Ländern fühlen sich Homosexuelle auch an der Bernsteinküste diskriminiert. In Lettland ist das Verbot, gleichgeschlechtliche Ehen zu schließen, sogar in der Verfassung festgeschrieben, das ist einmalig in der Europäischen Union.
Der ehemalige evangelische Pfarrer und LPP-Politiker J?nis Šmits, Foto: Saeima
J?nis Šmits wettert gegen „homosexuelle Propaganda“
Die Rigaer Stadtregierung des Bürgermeisters Nils Ušakovs liefert der Presse alljährlich Schlagzeilen mit dem Versuch, die von der Verfassung garantierten Meinungs- und Versammlungsrechte einzuschränken. Die ideologisch bizarre Rigaer Koalition des sozialdemokratischen Saska?as Centrs/ Zentrum der Eintracht (SC) und der christlich-konservativen Latvijas Pirm? partija/ Lettlands Erste Partei (LPP) verbot in den letzten Jahren die Demonstration lettischer SS-Legionäre am 16. März. Doch die Richter kassierten jedes Mal den Stadtratsbeschluss. Sie würden wahrscheinlich ebenso ein Verbot der Homo-Demo in diesem Jahr aufheben. Besonders die LPP gilt als Hochburg der Homophobie. Ihr Mitglied Dainis Turlais leitet nun das besagte Sicherheitskomitee, dem auch Parteifreund J?nis Šmits angehört. Šmits stört sich an dem, was er als „homosexuelle Propaganda“ auffasst. Zum Schrecken seiner Gegner wurde der ehemalige evangelische Pfarrer in der Zeit, als seine Partei noch in der Saeima vertreten war, zum Leiter der Menschenrechtskommission gewählt. Unter den Fittichen der Kommune gründete Šmits ein Krist?go draudžu kol??ija/ Kollegium Christlicher Gemeinden, das den Stadtpolitikern nun Anregungen liefert, sodomverdächtigen Kundgebungen Einhalt zu gebieten. Elm?rs V?bers, Parteimitglied der rechtsliberalen Partei Vienot?ba/ Einigkeit.
Nikolai Iwanowitsch Jeschow war Chef der gefürchteten sowjetischen Geheimpolizei NKWD und für den Roten Terror verantwortlich. Später ließ ihn Stalin hinrichten, unter anderem warf man ihm Homosexualität vor. Am Anfang ihrer Herrschaft erlaubten die Bolschewisten sexuelle Freizügigkeit, später erkannten sie, dass diese ihre Herrschaft gefährdet, Foto: Wikimedia Commons
Šmits und Konsorten dem Menschenrechtsverständnis der Russen nähern. Homophobie ist nicht nur unter Christen verbreitet. In der atheistischen und sexuell repressiven Sowjetunion war Schwulsein strafbar.
Michelangelos Darstellung des Sündenfalls in der Sixtinischen Kapelle, Foto: Wikimedia Commons
Christlich maskierte Aggression
Der bekannte Journalist K?rlis Streips, der seit seinem 16. Lebensjahr keinen Hehl aus seiner „nichttraditionellen sexuellen Orientierung“ macht, fragt sich
Streips betrachten den Kampf gegen die Homosexualität als Missbrauch religiöser Werte. Die Homophoben zitierten die Bibel, um den eigenen, viel schwereren Verstoß gegen christliche Grundsätze zu rechtfertigen. Hinter ihr versteckten sie ihre Aggression gegen eine unliebsame Minderheit. Ein solcher Hass richte sich gegen das Gebot der Nächstenliebe.
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Externe Linkhinweise:
politika.lv: R?ga — Sodoma — R?ga
politika.lv: Ja R?ga ir Sodoma, tad kur ir Gomorra?
scribd.com: Dokument des Rigaer Sicherheitskomitees
Atpakaï