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Streit wegen Air Baltic
05.11.2015


Laimdota Straujuma entlässt Verkehrsminister Anrijs Mat?ss

MatissMinisterpräsidentin Straujuma äußerte sich am 4.11.2015 auf einer Pressekonferenz. Sie habe Mat?ss zum Rücktritt aufgefordert, weil er die Regierung nur zögerlich über Air Baltic informierte: „Der Minister hat mein Vertrauen verloren. Ich bin der Ansicht, dass die Air-Baltic-Aufsicht unzureichend erfolgte,“ erklärte die lettische Regierungschefin den Journalisten. Der Rauswurf kam für die Öffentlichkeit überraschend. Am Abend zuvor hatte sich Straujumas Kabinett getroffen und vier Stunden lang über Air Baltic diskutiert. Die lettische Fluggesellschaft benötigt Kapital für neue Flugzeuge. Die Regierung hatte die Beraterfirma „Prudentia“ beauftragt, einen Investor zu finden. Sie präsentierte den Deutschen Ralf-Dieter Montag-Girmes. Er wurde von Welt.de einmal als „Statthalter“ des russischen Milliardärs Viktor Vekselberg bezeichnet. Straujumas Ärger mit ihrem Verkehrsminister hängt offenbar mit Montag-Girmes und dessen Forderungen zusammen.

Foto:"Anrijs Mat?ss" by Saeima (Ernests Dinka, Saeimas Kanceleja) - Saeimas 1.marta ?rk?rtas s?de. Licensed under CC BY-SA 2.0 via Wikimedia Commons

 

Montag-Girmes` Forderungen

2011 stand Air Baltic nach Ansicht des damaligen Wirtschaftsministers Artis Kampars kurz vor der Pleite. Die Regierung stritt sich mit dem privaten Anteilseigner Bertolt Flick. Der Deutsche war zugleich Air-Baltic-Vorstandsvorsitzender. Obwohl er nicht die Aktienmehrheit besaß, durfte er nach Belieben schalten und walten. Der Mehrheitseigner, der lettische Staat, hatte vertraglich auf seine Rechte verzichtet. Ergebnis dieser fragwürdigen Private-Public-Partnership waren Schulden in dreistelliger Millionenhöhe, auf die die lettischen Bürger mal wieder sitzenblieben. Air Baltic kam nahezu vollständig in Staatsbesitz, erhielt mit Martin Gaus erneut einen deutschen Chef, der mit seinem Team die Linie wieder auf Gewinnkurs führte. Laut Lsm.lv gelang es den Mitarbeitern, den Schuldenberg von 180 Millionen Euro auf 71 Millionen abzutragen. Doch damit steckt das Unternehmen immer noch zu tief in roten Zahlen, um von Banken günstige Kredite für 13 Cseries-300 Flugzeuge von Bombardier zu erhalten. Air Baltic hat darüber Vorverkaufsverträge mit dem kanadischen Hersteller geschlossen. Sollte die Fluggesellschaft das Geschäft absagen, drohen Regressforderungen. Deshalb sucht Lettlands Vorzeigelinie Investoren. Montag-Girmes erklärt sich bereit, 52 Millionen Euro zu zahlen. Dafür erhält er 20 Prozent der Air-Baltic-Aktien. Doch der zukünftige Anteilseigner gibt sich mit dem Dasein als Minderheitsaktionär nicht zufrieden. Irir.lv berichtet über weitere Forderungen: Er wünsche Veto-Rechte für viele Entscheidungen, unter anderem beim An- und Verkauf von Flugzeugen. Damit solle sich Air Baltic verpflichten, fünf Suchoi Superjets anzuschaffen, die in Italien und Russland gefertigt werden. Straujuma hat der Vertragsentwurf, der an Flicks Zeiten erinnern, offenbar verärgert. Sie wies darauf hin, dass der Verkehrsminister ihn zuvor selbst kritisiert habe. Trotzdem sei er ins Kabinett gekommen, damit es dem Vertrag zustimme. „Wenn der Minister den Vorschlag kritisiert, dann muss er der Regierung einen Vorschlag bieten, den er nicht kritisiert. Das wäre logisch,“ meinte Straujuma.

Bombardier-Maschine von Air Baltic

Eine Bombardier-Maschine von Air Baltic, Foto: "AlekS BAE 2" by Aleksandrs Samuilovs - Paša darbs. Licensed under CC BY 3.0 via Wikimedia Commons

Montag-Girmes und Viktor Vekselberg

Als Journalisten Montag-Girmes am Abend des verlautbarten Ministerentlassung telefonisch um ein Interview baten, reagierte dieser abweisend auf Russisch. Das kam gewiss schlecht an bei den lettischen Zuschauern der LTV-Nachrichtensendung Panorama. Doch K?rlis Krasti?š, Chef der Beraterfirma Prudentia Advisors, die Montag-Girmes präsentiert hatte, hält geschäftliche Kontakte, die der Deutsche mit Russland pflege, für Gerüchte. Einen unbekannten Investor mit Schmutz zu bewerfen sei unredlich, wird Krasti?š von Lsm.lv zitiert. Doch Irir.lv führt Montag-Girmes` geschäftliche Tätigkeiten in Russland auf: Demnach ist er Berater der Moskauer Inkombank und Anteilseigner der Hlienow-Bank. In letzter Zeit habe er als Angestellter der „South American Aircraft Leasing“ gearbeitet und mit russischen Flugzeugen gehandelt. Zudem unterhalte er Beziehungen zu Viktor Vekselberg, einem der reichsten Männer Russlands, der mit Öl und Aluminium Milliarden scheffelt und steuervergünstigt in der Schweiz einen Zweitwohnsitz unterhält. Welt.de bezeichnete Montag-Girmes 2007 als „Statthalter“ Vekselbergs. Damals wollte der derzeitige Air-Baltic-Investor Anteile der Leipziger Stadtwerke übernehmen. Die Einwohner verhinderten die Teilprivatisierung durch einen Bürgerentscheid. Die lettische Regierung möchte Vertragsänderungen, u.a. fürchtet sie, dass Montag-Girmes` Geschäfte gegen die Russlandsanktionen der EU verstoßen könnten.

 

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