Briefwechsel zwischen Aleksejs Loskutovs und Solvita ?bolti?a
20.02.2016
Vienot?ba: Der Streit um fragwürdige Koalitionspartner
Irlv.lv veröffentlichte am 15.1.2015 eine aufschlussreiche Korrespondenz zwischen zwei Vienot?ba-Politikern. Der Brief des Abgeordneten Loskutovs gelangte ins Web, so dass Partei-Vorsitzende ?bolti?a sich genötigt sah, ihn öffentlich zu beantworten. Das Thema ist der Konflikt, der derzeit die (noch) größte Regierungspartei zu spalten droht. Sie konnte sich deswegen nach dem Rücktritt ihres Mitglieds Laimdota Straujumas als Ministerpräsidentin nicht auf einen neuen Kandidaten einigen. Nun wurde ein Abgeordneter der etwas kleineren Union aus Grünen und Bauern, M?ris Ku?inskis, zum Regierungschef gewählt. ?bolti?a hatte im letzten Herbst öffentlich über die Amtsmüdigkeit ihrer Parteifreundin spekuliert und zeigte sich bereit, selbst Ministerpräsidentin zu werden. Doch eine Gruppe von sechs Vienot?ba-Abgeordneten, die als eher „liberal“ oder leicht „links“ gelten und zu denen auch Loskutovs gehört, stellten ihr eine sonderbare Bedingung: Die Nationale Allianz (NA) müsse weiterhin mitregieren. Diese verweigerte aber die Zusammenarbeit mit ?bolti?a. Die Parteichefin hatte sich zuvor über die NA-Parlamentsvorsitzende In?ra M?rniece beschwert, da sie ihre zur Neutralität verpflichtende Position parteipolitisch missbrauche. ?bolti?a zeigt sich allgemein skeptisch über den teilweise rechtsradikalen Koalitionspartner. Der wird seit der Ära von Valdis Dombrovskis benötigt, um die größte Parlamentsfraktion, die sozialdemokratisch und eher an der russischsprachigen Minderheit orientierte Partei Saska?a, in der Opposition zu isolieren. Doch seit der letzten Wahl bieten sich im Parlament zwei kleine bürgerliche Parteien als Alternativen an. ?bolti?a wollte eine von ihnen, die Lettische Allianz der Regionen (RA) ins Regierungsboot holen, um die NA zu bändigen. Die Stimmen der RA-Parlamentarier würden ausreichen, der Regierung auch ohne nationalkonservativen Beistand eine knappe Mehrheit zu sichern. Hier soll nicht spekuliert werden, ob konkurrierende Karriereambitionen den parteiinternen Zwist anheizen. Wichtiger sind inhaltliche Fragen, die mit diesem Krach verbunden sind: Wie sollen Vienot?ba-Politiker mit den Nationalkonservativen umgehen und welche Folgen würde eine Regierungsbeteiligung der RA für die lettische Politik haben?
Als ehemalige Parlamentsvorsitzende traf Solvita ?bolti?a ihren deutschen Kollegen Norbert Lammert, Foto: Reinis Ink?ns, Saeimas Kanceleja
Wie lässt sich die Nationale Allianz bändigen?
In ihrer Antwort geht ?bolti?a auf die Schwierigkeiten ein, die NA-Politiker der Regierung seit Jahren bereiten. Sie verletzten regelmäßig den Koalitionsvertrag und wünschten Themen, die die Gesellschaft spalteten, in die Vereinbarung aufzunehmen. ?bolti?a nennt den 16. März, den Tag der SS-Legionäre, an dem sich Nationalkonservative alljährlich beteiligen, die prinzipielle Weigerung der NA, Flüchtlinge aufzunehmen und deren Forderung, Schulen der russischsprachigen Minderheit zu schließen. Die erfahrene libaralkonservative Politikerin beabsichtigte also, den Einfluss der Nationalkonservativen zu schwächen oder sogar ganz auf sie zu verzichten. Laut Loskutovs habe seine Parteifreundin geplant, die NA aus der Koalition auszuschließen. Im Rahmen einer besonderen Partnerschaft sollten allerdings die Ministerien für Kultur und Regionales weiterhin nationalkonservativ besetzt bleiben. Doch ?bolti?a habe zusätzlich geplant, den Fraktionschef der Latvijas Re?ionu apvien?ba (Lettischen Allianz der Regionen), Dainis Liepi?š, als Wirtschaftsminister ins Kabinett zu holen. Das stieß auf Widerstand der sogenannten „liberalen Sechs“, zu denen neben Loskutovs auch die ehemalige Sozialministerin Ilze Vi??ele gezählt wird. Am 26.11.2015 hätten sich Vi??ele und weitere Abgeordnete mit ?bolti?a getroffen. Sie warnten ihre Parteichefin davor, die NA auszuschließen. Das sei unvernünftig unter den Umständen zunehmend rechter Radikalisierung Europas, zudem verfüge eine neue Regierung dann über keine stabile Mehrheit mehr. Der Widerstand der „Sechs“ richtete sich also gegen ?bolti?as Vorhaben, Liepi?š und die RA an der Regierung zu beteiligen: Liepi?š dürfe als Angeklagter nicht Minister werden. Wer ist Liepi?š, was ist die RA?
Die Abgeordnete Ilze Vi??ele, Foto: Reinis Ink?ns, Saeimas KancelejaRA: Vertrauen und Unterstützung für Arbeitgeber
Der RA-Abgeordnete Dainis Liepi?š stand bis zum 17.9.2015 in Jelgava wegen Steuervergehen vor Gericht, wurde aber freigesprochen. Er hatte an der privaten Rigaer Wirtschaftshochschule „Tur?ba" studiert, war danach vielfach unternehmerisch tätig, im Vorstand oder Aufsichtsrat zahlreicher städtischer und staatlicher Betriebe. Er beriet den umstrittenen Geschäftsmann und Politiker Ain?rs Šlesers. 2010 kandidierte Liepi?š für „Par labu Latvijai“ (PLL), eine Partei, die neben Šlesers ein weiterer umstrittener Geschäftsmann und Politiker, Andris Š??le, gegründet hatte. Doch die PLL blieb ein Strohfeuer und verschwand nach den Anti-Oligarchenprotesten von 2011 von der politischen Bühne. Weshalb ist Liepi?š nun Mitglied der RA, die erst 2014 entstanden und seitdem in der Saeima vertreten ist? Ein paar Sätze aus dem recht übersichtlichen Programm dieser Allianz zur letzten Wahl lassen es erahnen. Aus dem, was sich auf der RA-Seite als Wahlprogramm darstellt, ist der Punkt 4, „Volkswirtschaft“ aufschlussreich: „Vertrauen und Unterstützung für jene Menschen, die sich, ihre Familien beschäftigen und anderen Arbeit geben. Ökonomischer Patriotismus ist unser Leitmotiv – die Unterstützung der Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen und Lettlands Einwohner beschäftigen.“ Damit wäre schon fast die Hälfte eines der längsten Abschnitte dieses nur sieben Paragraphen umfassenden Programms zitiert, in dem Soziales und Sozialpolitik gar nicht vorkommt. Das kurze Zitat verdeutlicht bereits: Die RA ist ein abermaliger neoliberaler Aufguss in der lettischen Parteienlandschaft. Deshalb möchte Ilze Vi??ele, deren sozialpolitisches Engagement glaubwürdig erscheint, eine solche Truppe von der Macht fernhalten. Sie und ihre Kollegin Lolita ?ig?ne, die auch zu den „Sechs“ zählt, droht jetzt neuer Ärger: Vienot?ba-Bezirksverbände haben den Parteiausschluss für die beiden beantragt. Darüber soll die parteiinterne Ethikkomission entscheiden.
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Externe Linkhinweise:
irlv.lv: K? „Vienot?ba” zaud?ja ties?bas uz Ministru prezidenta amatu
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