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Aivars Lembergs, Bürgermeister von Ventspils, darf nicht mehr in die USA einreisen
11.12.2019


Lembergs sieht sich als Opfer eines politischen Komplotts

Aivars LembergsDas us-amerikanische Amt für Auslandsvermögen (OFAC) hat Lembergs gemäß den Bestimmungen des „Magnitsky-Acts“ auf die Liste jener Personen gesetzt, die nicht mehr in die USA einreisen dürfen. Zudem will die US-Behörde finanzielle Transaktionen jener Firmen unterbinden, die Lembergs kontrolliere, darunter befindet sich der Freihafen Ventspils. Lembergs hat sich deshalb aus dem Vorstand des Hafens zurückgezogen. Der Politiker und Geschäftsmann macht Mitglieder der lettischen Regierung für die Sanktionen verantwortlich.

Aivars Lembergs, Foto: Toms Norde, Valsts kancelejaderivative work: Gaujmalnieks - Diese Datei wurde von diesem Werk abgeleitet: Ministru prezidents Valdis Dombrovskis tiekas ar Latvijas Lielo pils?tu asoci?cijas p?rst?vjiem (8076321183).jpg: , CC BY-SA 2.0, Link

„Korrupte Oligarchen“ zur Rechenschaft ziehen

OFAC veröffentlichte am 9. Dezember 2019 eine Presseerklärung, in der die Behörde ihr Vorgehen gegen Lembergs ankündigte (home.treasury.gov). Korruption habe jahrelang die lettische Wirtschaft unterwandert, die öffentlichen Kassen der Letten ausgeraubt und gesetzeswidrige Akteure ermöglicht, die Sicherheit Lettlands und der NATO zu schaden. Die USA arbeite eng mit der lettischen Regierung zusammen, um Korruption zu bekämpfen. Das Vorgehen entspreche der Zusage der USA an Lettland, „korrupte Oligarchen“ für ihr Agieren gegen einen „zentralen europäischen Verbündeten“ zur Rechenschaft zu ziehen.

„Lembergs amtiert seit 1988 als Bürgermeister von Ventspils in Lettland. Seitdem wurde er wiederholt wegen Geldwäsche, Bestechung und Amtsmissbrauch angeklagt. Lembergs kontrolliert Institutionen mittels politischer Parteien und korrupter Politiker und beutet diese Institutionen und Individuen systematisch zum eigenen Vorteil aus. Lembergs hat seinen Einfluss auf die Führung politischer Parteien benutzt, um über die Zusammensetzung der Regierung zu bestimmen und gewisse Amtsträger in der Regierung zu platzieren, aber ebenso, um andere Amtsträger davon abzuhalten, führende Positionen einzunehmen. Zudem hat Lembergs Amtsträger finanziert und korrumpiert, die Gesetze vollstrecken, um seine Interessen zu wahren und Politiker zu manipulieren, die er ansonsten nicht hätte kontrollieren können,“ heißt es in der OFAC-Erklärung.

Die US-Sanktionen treffen auch Firmen und Verbände, die nach Ansicht von OFAC unter Lembergs` Kontrolle stehen: Gemäß der „Global Magnitsky General License No. 1“ ordnet die Behörde an, 30 Tage lang finanzielle Transaktionen des Freihafens von Ventspils, des Verbands für wirtschaftliche Entwicklung und des Lettischen Verbands des Transportgewerbes zu unterbinden. Besonders für den Hafen von Ventspils, der Lebensader der kurländischen Küstenstadt, die als Umschlagplatz für russische Öllieferungen fungiert, bedeuten die angekündigten Sanktionen ein existenzielles Risiko. Ein Ausschluss von internationalen Bankgeschäften könnte dem Hafen die geschäftliche Grundlage entziehen. Lembergs hat gleich nach dem OFAC-Beschluss seinen Rückzug aus dem Vorstand des Freihafens erklärt.

Hafen von Ventspils

Blick auf Hafenanlagen von Ventspils, Foto:  Laima G?tmane,  CC BY-SA 3.0, Link

 

Lembergs spricht von stalinistischen Machenschaften

Aivars Lembergs äußerte sich am 10. Dezember 2019 in einer Pressekonferenz zum Vorgehen der USA (youtube.com). Er deutet es als Intrige seiner politischen Gegner. Das Parteienbündnis Union der Grünen und Bauern (ZZS), das ihm nahesteht, befindet sich in der Saeima in der Opposition, seine Gegner an der Regierung. Lembergs nannte Justizminister Janis Bordans und den ehemaligen Mitarbeiter der Antikorruptionsbehörde KNAB, Juris Jurass. Sie gehören der Regierungspartei Jauna konservatija partija an. Die beiden hätten sich in die USA begeben, um OFAC zu diesen Sanktionen zu bewegen. Seine Absetzung als Bürgermeister sei zu offensichtlich illegal gewesen, deshalb habe man auf die Hilfe der USA gesetzt, deren Behörden mit den lettischen Verhältnissen nicht vertraut seien. Der Freihafen Ventspils gehöre ihm nicht, er sei ein staatliches Unternehmen. Zum unterstellten Komplott zählt Lembergs auch Außenminister Edgars Rinkevics, der der Regierungspartei Jauna Vienotiba angehört.

Der „Oligarch von Ventspils“ wurde aus den genannten Gründen in mehreren Prozessen angeklagt, Richter untersagten ihm sogar, dass er das Amt des Bürgermeisters ausübt, was er dennoch innehat. In Ventspils verfügt der Politiker über eine große Hausmacht, die Wähler verschaffen seiner Regionalpartei stets satte Mehrheiten im Stadtrat. Noch im März dieses Jahres forderte der Staatsanwalt eine achtjährige Freiheitsstrafe (lsm.lv), doch Prozesse gegen ihn währen lange und eine Verurteilung ist ungewiss. Neben den Vorwürfen wegen Korruption, Geldwäsche und Amtsmissbrauch bei Privatisierungen wurde 2009 eine Liste von ZZS-Abgeordneten publiziert, die angeblich von Lembergs regelmäßige Zahlungen erhielten (LP: hier). Auch im Zusammenhang mit den Panama-Papers fiel sein Name (LP: hier). Doch stets fehlten endgültige Beweise und so kann Lembergs darauf verweisen, dass er bislang wegen keines Vergehens verurteilt wurde.

Das alles führt Lembergs auf die Machenschaften seiner Gegner zurück. Ihr Handeln erinnert ihn an stalinistische Repressionen, die einem demokratischen Staat nicht würdig seien. Er sieht sogar sein Leben bedroht: „Ich bedanke mich bei Bordans, Karins [dem lettischen Ministerpräsidenten] und der Regierung der USA, dass sie gegen mich keine Raketenvorrichtungen benutzten, denn damit kann man mich viel leichter töten.“ Dann spielte er auf die Affäre des letzten Jahres an, als eine US-Behörde der lettischen Bank ABLV unterstellte, nordkoreanische Atompläne zu finanzieren. Wenige Wochen später war die Bank pleite (LP: hier). Er sei glücklich, noch nicht des Terrors verdächtigt worden zu sein, der Finanzierung des nordkoreanischen Raketenprogramms. Aber ihn wundere es nicht, wenn auch das noch geschehe.

Der Konflikt deutet auf einen tiefen Riss im lettischen Establishment. Auf der einen Seite steht die Regierung mit ihren strikt transatlantisch ausgerichteten Parteien, die sich eng an den USA orientieren, eine Stärkung der NATO in der baltischen Region und strikte Sanktionen gegen Russland fordern. Auf der anderen stehen Lembergs und andere „Oligarchen“, die aus geschäftlichen Gründen ein besseres diplomatisches Verhältnis mit Russland wünschen. Lembergs wandte sich nach der Ukraine-Krise dagegen, Sanktionen gegen Russland zu verhängen und nannte das Agieren lettischer Politiker „verantwortungslos“ (LP: hier). Im April 2017 forderte er, das Angebot von der Nord Stream AG anzunehmen, Ventspils an der zweiten Ostsee-Gaspipeline anzuschließen, was die Regierung, damals noch unter Beteiligung der ZZS, strikt zurückwies (LP: hier).



 
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