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Lettland: Bevölkerung teilt die gute Laune ihrer Regierung nicht
11.05.2013


Die legendäre SeufzerbrückeDie lettische Regierung ist bei deutschen Politikern und Journalisten beliebter als im eigenen Land: Welt, Bild, Handelsblatt & Co. verbreiten willig die „Erfolgsgeschichte“, die der lettische Premier Valdis Dombrovskis und seine Minister in aller Welt propagieren. An der sollen sich die klammen Südeuropäer ein Beispiel nehmen. Doch diese wirtschaftsliberale Kürzungspolitik überzeugt trotz guter Konjunkturdaten und niedrigen fiskalischen Schuldenstandes zuhause nur wenige. Dafür sind die Leistungen des lettischen Sozialstaates zu dürftig, die Löhne bei staatlichen und privaten Arbeitgebern zu mickrig, hinzu kommt die hohe Arbeitslosenquote. Darauf deuten die Daten, die die Meinungsforscher von DNB latvijas barometrs Nr. 57 jüngst verlautbarten. In den letzten Monaten nimmt die Unzufriedenheit wieder leicht zu. Experten glauben, dass u.a. die hohen Heizkostenrechnungen der Wintermonate die Stimmung noch mehr verdorben haben. Allerdings taugen diese Zahlen nicht zur Skandalisierung: Die Befragten bewerten die lettische Regierung und die Gesamtsituation ihres Landes inzwischen deutlich weniger negativ als zur Zeit der Parex-Krise 2009, als Valdis Dombrovskis mit Hilfe des IWF die „Schocktherapie“ der „inneren Abwertung“ durchsetzte. Die Einschätzung des wirtschaftspolitischen Handelns des eigenen Führungspersonals ist traditionell skeptisch, da bildet die derzeitige Regierung keine Ausnahme. Doch von einer eindeutigen optimistischen und zustimmenden Bewertung bleibt auch Dombrovskis` Kabinett für absehbare Zeit weit entfernt. Das zeigt sich auch beim Thema Emigration, das im März ein besonderer Schwerpunkt dieser monatlichen Umfrage bildete: Die Letten zweifeln mehrheitlich, dass ihr Billiglohnland erfolgreich ausgewanderte Mitbürger zur Rückkehr bewegen kann.

Der Name dieser bekannten Brücke bezeichnet das lettische Befinden treffend: Es ist die Seufzerbrücke von Venedig, Foto: Pont_des_soupirs_2.jpg auf Wikimedia Commons, Lizenz

 

Kaum Chancen eine gute Arbeit zu finden

Die Stimmung der Einwohner hat sich nicht wesentlich geändert: Diese bleibt weiterhin kritisch,“ so fassen die Demoskopen die Ergebnisse zusammen. Über 70 Prozent der Befragten sind der Auffassung, dass man in Lettland keine gute Arbeit findet, drei Prozent mehr als im Vormonat. Der Pessimismus, im eigenen Lande einen guten, angemessen bezahlten Job zu bekommen, hat ebenso zugenommen wie die Skepsis gegenüber der eigenen Regierung. 71 Prozent schätzen die Chancen als „sehr schlecht“ oder „eher schlecht“ ein, in der Heimat eine attraktive Stelle zu ergattern. 78 Prozent beurteilen die Arbeit der Regierung ähnlich kritisch. Als die dringendsten Probleme, die die Politiker lösen sollten, nennt eine Mehrheit von 36 Prozent soziale Fragen wie z.B. die kärglichen Renten, mangelnde Absicherung der Familien usw. An zweiter Stelle rangiert mit 34 Prozent die Arbeitslosigkeit. Neue Jobs sollen geschaffen, die hohe Jugendarbeitslosigkeit bekämpft werden. 27 Prozent plädieren dafür, das Wohlstandsniveau zu heben. Der Bericht über die Umfrageergebnisse enthält Expertenkommentare. So meint Inese Kalv?ne, Direktorin der staatlichen Arbeitsagentur: „Obwohl in den letzten drei Jahren die in Lettland registrierte Erwerbslosenquote sich deutlich verringert hat, ist sie weiterhin hoch. Daher ist es nur verständlich, dass die Einwohner als das Hauptproblem, das die Regierung lösen müsste, die soziale Absicherung und den Mangel an Arbeitsplätzen nennen. Es ist anzumerken, dass das Problem der hohen Arbeitslosenquote unmittelbar mit der ökonomischen Situation des Landes verbunden ist, nämlich mit dem Vermögen der Arbeitgeber, neue Arbeitsplätze zu schaffen. In der Staatlichen Arbeitsagentur waren im März 2013 auf eine vakante Stelle 24 Arbeitssuchende registriert und das zeigt deutlich, dass die bestehende Zahl an Arbeitsplätzen nicht ausreicht. In Anbetracht der von der Agentur verzeichneten Dynamik freier Stellen haben wir beobachtet, dass neue Arbeitsplätze in größerer Zahl entstehen, dennoch ist die Zunahme mäßig und man kann nicht erwarten, dass sich die Situation in nächster Zeit rasch verbessert. Hinzuzufügen ist, dass die Einwohner, wenn sie über das Problem der Arbeitslosigkeit nachdenken, nicht einfach den Mangel an Stellen anführen, sondern betonen, dass es gerade an gut bezahlter Arbeit fehlt. Auch wir von der Agentur, die wir von Arbeitgebern gemeldeten vakanten Stellen auswerteten, haben festgestellt, dass die Mehrheit dieser Stellenangebote hohe Anforderungen, aber verhältnismäßig geringe Bezahlung beinhalten.“


Wie sind die Chancen, in Lettland eine gute Arbeit zu finden?

in Prozent

Sept. 09

März 10

Sept. 10

März 11

Sept. 11

März 12

Sept. 12

März 13

schwer zu sagen

4

3

4

3

5

5

5

4

sehr schlecht

58

67

53

55

38

40

34

38

eher schlecht

30

23

30

28

36

30

35

33

mittelmäßig

8

6

12

12

18

21

21

22

eher gut

1

1

1

2

4

3

5

4

sehr gut

0

0

0

0

0

0,4

0

0,3

Quelle: DNB-Latvijas-barometrs-petijums-nr57, wegen Rundungsfehler ist das Gesamtergebnis nicht immer 100, die geringen Werte für „eher gut“ und „sehr gut“ sind in der zugrundeliegenden DNB-Grafik kaum darstellbar.

 

Wie bewerten die Letten die Arbeit ihrer Regierung?

in Prozent

Sept. 09

März 10

Sept. 10

März 11

Sept. 11

März 12

Sept. 12

März 13

schwer zu sagen

3

3

5

3

8

7

9

5

sehr schlecht

55

45

37

44

33

28

24

25

eher schlecht

37

40

42

44

47

45

46

53

mittelmäßig

5

10

15

10

11

19

21

17

eher gut

0

0

1

1

2

1

1

1

sehr gut

0

0

0

0

0

0

0

0

Quelle: DNB-Latvijas-barometrs-petijums-nr57, wegen Rundungsfehler ist das Gesamtergebnis nicht immer 100, die geringen Werte für „eher gut“ und „sehr gut“ sind in der zugrundeliegenden DNB-Grafik kaum darstellbar.



Niedrige Löhne als Hauptgrund der Emigration

Auch das Thema Emigration ist eng mit den wirtschaftlichen Schwierigkeiten verbunden. Sogar zur Zeit hoher Wachstumsraten vor der Finanzkrise wanderte die Bevölkerung ab. Denn auch damals blieb der Abstand lettischer Löhne zum Gehaltsniveau des westlichen EU-Auslandes beträchtlich. Der Exodus beschleunigte sich seit der Parex-Krise und der verordneten Kürzungspolitik. Mittlerweile bezweifeln Kritiker, ob das Land tatsächlich noch die offiziell verkündete Einwohnerzahl von zwei Millionen erreicht. Die Auswanderung sehen 60 Prozent der Befragten als die größte Bedrohung für die demographische Entwicklung. Die Regierung verkündete in letzter Zeit Pläne, die emigrierten Landsleute zur Rückkehr zu motivieren, 56 Prozent vermuten, dass in den nächsten fünf Jahren höchstens ein Zehntel der Emigranten sich dazu entschließen wird. Die Meinungsforscher fragten, ob in der eigenen Familie oder im Freundes- und Bekanntenkreis jemand Lettland verlassen habe und die Rückkehr plane. 49 Prozent antworteten, dass die Angehörigen im Ausland keine Heimkehr beabsichtigten, 14 Prozent kannten niemanden aus dem eigenen Umfeld, der die Heimat verlassen hat. Ein Drittel stellte eine Rückkehr der Betroffenen in Aussicht, meistens aus dem Grund, dass der Arbeitsaufenthalt im Ausland befristet ist. 81 Prozent meinen, dass nur höhere Löhne im eigenen Land die Auswanderer zurücklocken. Als Konsequenz dieses lettischen Gehirnabflusses - oder denglisch "Brain Drains" - befürchten 38 Prozent, dass in Zukunft Arbeitnehmer fehlen werden. 33 Prozent warnen davor, dass ohne staatliche Maßnahmen Letten zur Minderheit im eigenen Land werden könnten. Das statistische Barometer des Geldinstituts DNB ist nach eigener Aussage die erste soziologische Umfrage, die kontinuierlich und langfristig erhoben wird. Die Demoskopen erfragen allmonatlich die Stimmung der Bevölkerung und lassen dazu Experten zu Wort kommen. Etwa 1000 Personen aus allen lettischen Regionen werden interviewt. Die Forscher kalkulieren mit einer Fehlerquote von drei Prozent.

 

Externe Linkhinweise:

dnb.lv: „DNB Latvijas barometra” Nr.57

tvnet.lv: Šopavasar iedz?vot?ju noska?ojums turpina pasliktin?ties

apollo.lv: Latvijas iedz?vot?ju pesimisms pieaug

15min.lv: Ilze Vi??ele: Kr?zes beigas nav tas pats, kas sabalans?ta un att?st?ta ekonomika

diena.lv: Moors: Makroekonomikas dati cer?gi, bet iedz?vot?ji pesimistiski. K?d?? t??

apollo.lv: Kad Latvijas sabiedr?bu var?sim d?v?t par optimistiem?




 
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