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Lettland: Privatbetreiber möchte sich Mindestumsatz des geplanten Flüssiggasterminals garantieren lassen
26.02.2023


Zweifel, ob ein lettisches Terminal überhaupt benötigt wird

Ein LNG-Terminal in Schweden, Foto: Jan Arrhénborg / AGA CC BY-SA 3.0, Link

Die lettische Regierung plant im Küstenort Skulte, etwa 50 Kilometer von Riga entfernt, ein LNG-Terminal einzurichten. Die Saeima hatte im letzten September bekundet, dass eine solche Anlage im nationalen Interesse sei. Doch nun zeigen sich Ministerpräsident Krisjanis Karins und Regierungsmitglieder skeptisch. Der private Investor möchte sich nämlich die Finanzierungsrisiken vom Staat absichern lassen.


Für die Projektentwicklung ist die Firma “Skulte LNG Terminal” zuständig. Sie hat einen privaten Investor gefunden, der das Kapital für den Bau und Betrieb bereitstellen könnte, aber nun der Regierung Bedingungen stellt. Renars Mikelsons, Leiter von Skulte LNG Terminal, nennt sie: “Es ist klar, dass in den ersten Jahren die erforderlichen Mindesteinnahmen nicht erreicht werden. Wir fragten, ob der Staat in den ersten Jahren die Differenz zwischen den notwendigen Mindesteinnahmen und Ausgaben decken könnte. Später, wenn das Terminal einen durchschnittlichen Umschlagsumfang erreicht oder übertrifft, zahlen wir das in Form eines reduzierten Tarifs zurück. Mikelsons begründet seinen Anspruch mit einem Bericht von “PricewaterhouseCoopers”. NGO “Lobbycontrol” listet diese Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auf ihrer Webseite Lobbypedia.


Die Verwicklung in einige Skandale zeigte, dass die privaten Wirtschaftsprüfer das Interesse ihrer Kunden, das Steuerzahlen zu vermeiden, zulasten des Gemeinwohls ausführen, dafür auch Gesetzeslücken ausnutzen. Das habe sich z.B. beim “Lux Leaks”-Skandal gezeigt (lobbypedia.de). Lobbypedia sieht den Einfluss dieser Berater als Entwickler von “Steuersparmodellen für multinationale Konzerne” auf EU-Gremien und Ministerien kritisch. Doch Mikelsons beruft sich auf diese Dienstleister: “Auch im Bericht von `PricewaterhouseCoopers ` steht geschrieben, dass die staatliche Unterstützung notwendig ist, um Skulte in den nächsten drei bis vier Jahren zu realisieren. So wurde unser Business-Modell bereits analysiert.” Mikelsons warnt davor, auf den Bau zu verzichten, weil dann die Terminals in den Nachbarländern vollständig ausgelastet werden müssten, was zu Sicherheitsproblemen führe. Falls der Staat das Projekt übernehme, werde sich der Bau um Jahre verzögern. Der Privatinvestor habe 20jährige Erfahrung mit solchen Terminals. Mikelsons verlangte Verhandlungen mit der Regierung, die bislang nicht stattgefunden hätten.


Doch die lettische Regierung will die Forderung nicht akzeptieren. Raimonds Cudars, Minister für Klima und Energie, weist darauf hin, dass der Vorschlag der Terminalplaner die Privatinvestoren zulasten des Staats begünstigen (lsm.lv). Er enthalte Regelungen, die für die Entwickler vorteilhaft seien, aber vom staatlichen Versorgungsunternehmen Latvenergo finanzielle Verpflichtungen verlangten. Karlis Sadurskis, parlamentarischer Staatssekretär für Cudars` Ministerium, warnt davor, zugunsten der Terminalbetreiber und zulasten der Verbraucher eine obligatorische Mindestabnahme zu garantieren. Zudem zweifelt er am Sinn und der Notwendigkeit des Projekts, weil die Gasversorgung über Nachbarländer gesichert werden könnte (lsm.lv).


Auch Ministerpräsident Krisjanis Karins weist die Forderung zurück: “Der Staat garantiert keinem Unternehmer den Gewinn, wir garantieren das in keiner Branche. Und weshalb plötzlich in diesem Fall? Ich werde nicht erlauben, dass jemand von außerhalb den Staat und die Steuerzahler an der Nase herumführt.” (lsm.lv) Dennoch möchte Karins an Projekt eines lettischen Terminals festhalten. Er beauftragte den Energieminister, sich weiterhin um eine Realisierung zu kümmern, vielleicht mit staatlicher Beteiligung.


Etwa 20 Umweltschützer demonstrierten am 4. Februar 2023 gegen das Vorhaben. Die Aktion wurde von der Initiative “Protests” organisiert und von den Umweltverbänden “Pasaules Dabas Fonds”, “Zala Briviba” und dem Verein für Küstenumweltschutz unterstützt. Die Teilnehmer wiesen auf Sicherheitsbedenken hin. Für das Terminal müsste eine Gasleitung errichtet und Wald gefällt werden.


Eine Vertreterin der örtlichen Umweltschutzorganisation "Piekrastes vides aizsardzības" fürchtete, vom Lettischen Fernsehen befragt, um ihre Heimat: “Falls wir uns von den Heimatdörfern trennen, unser Land und Häuser hergeben, dann wollen wir dafür eine Begründung sehen und solche Antworten [...] gibt man uns nicht.”


Protests-Vertreter Klavs Veseluns hält eine Einrichtung, um Flüssiggas zu beziehen, für nicht auf der Höhe der Zeit. Er fordert, die Energieversorgung von Gas auf Sonnen- und Windenergie umzustellen. Ein solches Terminal stehe dem Ziel der Klimaneutralität entgegen. Dem ist hinzuzufügen, dass an solchen Terminals häufig US-Frackinggas angeliefert wird, dessen Gewinnung besondere Umweltschäden verursacht.


Udo Bongartz 

 




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