Lettisches Centrum Münster e.V.

   

Russland erwägt Importverbot für lettische Fischkonserven - Auch fünf lettische Politiker vom Einreiseverbot betroffen
01.06.2015


Runde geöffnete Fischdose mit russischer AufschriftEnde Mai überprüften Kontrolleure der russischen Veterinär- und Pflanzengesundheits-Aufsicht Rosselkhoznadzor die Betriebe lettischer Fischverarbeiter. Diesen Besuch hielten die Letten zunächst für eine Routinekontrolle. Doch am 29.5.2015 informierte die russische Nachrichtenagentur TASS über ein mögliches neues Importverbot. Demnach werden russische Zollbeamte die Einfuhr von lettischen und estnischen Fischkonserven in Kürze untersagen. Die Prüfer hätten systematische Verstöße festgestellt. Ernests Zavadskis, Vertreter des lettischen Lebensmittel- und Veterinärdienstes, äußerte sich dazu auf lsm.lv. Er hält die russischen Ankündigungen für politisch begründet. Gleichzeitig mit den russischen Kontrolleuren hätten us-amerikanische Kollegen drei der größten lettischen Betriebe geprüft und den russischen Bedenken nicht zustimmen können.

Fischdose, Foto: „Russian Cod liver in an opened can“ von A.Savin. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.

 

Benzopiren-Grenzwerte: Grund oder Vorwand?

Gleichwohl räumte Zavadskis Grenzwertprobleme bei Sprottenkonserven ein. Beim Räuchern entsteht das krebserregende Benzopiren, das beispielsweise auch im Tabakrauch enthalten ist. Kontrolleure stellen hier bisweilen zu hohe Mengen fest. Die TASS-Meldung bedeutet eine weitere Hiobsbotschaft für lettische Lebensmittelproduzenten, die vom russischen Markt abhängig sind. Als Reaktion auf westliche Sanktionen erstellte die russische Regierung eine Boykottliste. Diese trifft vor allem lettische Milch- und Fischverarbeiter. Die Lieferung von frischem und geräuchertem Fisch ist bereits verboten, Fischkonserven waren bislang ausgenommen. Allerdings verteuerte die Rubelabwertung lettische Ware derart, dass das Fischkonservenkombinat Ventspils vor Weihnachten 400 seiner 480 Mitarbeiter entlassen musste. Zavadskis befürchtet, dass auch Exporte in die mit Russland sympathisierenden Länder Weißrussland und Kasachstan zur Debatte stehen könnten. Die Rosselkhoznadzor-Kontrolleure können nur über einzelne Betriebe, nicht für ein bestimmtes Lebensmittel, Importverbote verhängen. Didzis Šmits, Vorsitzender der Vereinigung lettischer Fischverarbeiter, warnt vor übereilten Reaktionen. Erst einmal müsse man abwarten, ob Russland tatsächlich ein Einfuhrverbot für Fischkonserven beschließen werde. In diesem Fall müsse die lettische Regierung handeln, ihr sei die Lage seit über einem Jahr bekannt. Er verlangt von den Politikern einen Plan, was beim Verlust dieses wichtigen Absatzmarkts zu tun sei. Bislang bereitet der Ukraine-Konflikt und die wechselseitigen Sanktionen Lettland weniger ökonomische Schwierigkeiten als Russland. Doch auch an der Rigaer Bucht bangen einzelne Branchen um ihre Umsätze. Anita Skudra, Leiterin der Molkerei-Kooperative "Latvijas Piens", beziffert, dass der lettische Milchpreis wegen der Ukraine-Russland-Krise um 25 bis 35 Prozent gefallen sei.

Porträt Artis Pabriks

Artis Pabriks äußerte scharfe Kritik an Russland. Nun gehört er zu den Politikern, die nicht mehr einreisen dürfen, Foto: "Artis Pabriks saeima" by Saeima - 9.Saeimas deput?ts Artis Pabriks. Licensed under CC BY-SA 2.0 via Wikimedia Commons

 

Fünf Letten dürfen nicht mehr einreisen

Am 30.5.2015 berichteten deutsche und lettische Medien über eine "schwarze Liste", die die Namen von 89 westlichen Personen enthält, die in Russland unerwünscht sind. Neben acht Deutschen sind auch fünf Letten aufgelistet - und zwar Politiker der Regierungsfraktionen Vienot?ba (V) und Nationale Allianz (NA): Die Saeima-Abgeordnete Solvita ?bolti?a (V) und die EU-Abgeordneten Inese Vaidere (V), Roberts Z?le (NA), Sandra Kalniete (V) und Artis Pabriks (V). Der EU lag an diesem Tag keine Begründung von russischer Seite vor. Wahrscheinlich ist die betont russlandkritische Haltung dieser Politiker maßgeblich gewesen. Einreiseverbote gegen Russen hatten zuvor schon die USA und die EU beschlossen.

 

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