Lettisches Centrum Münster e.V.

   

Lettische Soldaten auf dem US-Truppenübungsplatz Hohenfels
08.03.2017


Ursula von der Leyen sagt Raimonds Bergmanis höhere Militärausgaben zu

Von der Leyen und BergmanisAb dem 8.3.2017 beteiligen sich 500 lettische Soldaten an der Übung Allied Spirit VI auf dem US-Militärgelände im bayrischen Hohenfels bei Regensburg. Das ist der bislang größte lettische Manövereinsatz jenseits der eigenen Landesgrenzen (diena.lv). Die Letten werden das Kommando über 2770 Soldaten übernehmen. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer sind US-Soldaten (army.mil). Das Freyunger Aufklärungsbataillon 8 der Bundeswehr stellt etwa 100 Uniformierte (pnp.de). Allied-Spirit-Übungen werden in Hohenfels seit Januar 2015 veranstaltet. Neben Armeeangehörigen aus Nato-Staaten üben Soldaten aus Ländern, die im Programm „Partnerschaft für den Frieden“ dem westlichen Militärbündnis angegliedert sind (nato.int). Truppen aus Georgien und Serbien waren bereits in Hohenfels. In diesem März machen mazedonische Kämpfer mit. Allied Spirit ist Teil verstärkter Militäraktivitäten, die seit der Ukraine-Krise in Europa zu verzeichnen sind. Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) besuchte ihren Kollegen Raimonds Bergmanis am 3.3.2017 in Riga und stellte dabei eine Erhöhung des deutschen Militärbudgets in Aussicht.

Ursula von der Leyen und Raimonds Bergmanis, Foto: Normunds Meži?š, JIC

 

Ausbildung „mit quasi echten Bedingungen“

Für Marc Dingler, Kommandeur des Freyunger Aufklärungsbataillons 8, ist Allied Spirit VI  „der erste große Berg“ in diesem Jahr, vor dem seine Truppe stehe. Sein Bataillon wolle sich in der internationalen Runde nicht blamieren. Es sei eine Ausbildung „mit quasi echten Bedingungen“. Nur scharf geschossen werde nicht. Munition wird durch Laser-Treffer ersetzt, sagte er der Passauer Neuen Presse (pnp.de). „Allied Spirit VI ist ein praktisches Versuchsfeld, das Streitkräfte in Europa auf gemeinsame Aktionen vorbereitet, indem die taktische Zusammenarbeit und sichere Kommunikation zwischen den Nato-Verbündeten und ihren Partnern trainiert werden,“ informiert die US-Armee (army.mil). Die Hohenfelser Kriegssimulation wird bis Ende März dauern. Neben den genannten Staaten beteiligen sich diesmal Kanada, Tschechien, Estland, Frankreich, Ungarn, Italien, Niederlande und Slowenien. Seit der Ukraine-Krise beargwöhnen die Nato-Allianz und Russland wechselseitig ihre Manöver und Truppenverlegungen an die russische Westgrenze. Zudem planen Nato-Mitglieder bis 2024 eine massive Aufstockung ihrer Militärbudgets, was auf dem Gipfel in Wales 2014 beschlossen wurde.

Truppenübungsplatz Hohenfels

Der Truppenübungsplatz Hohenfels ist einer der größten in Deutschland, Foto: Pfc. James Stokes - https://www.dvidshub.net/image/783149, Gemeinfrei, Link

 

Deutsche Militärausgaben könnten russisches Niveau erreichen

Verteidigungsministerin von der Leyen besuchte am 3.3.2017 ihren lettischen Kollegen Raimonds Bergmanis in Riga (bmvg.de). Sie versicherte dem Land an der Nato-Ostgrenze die deutsche Solidarität. Die Armeen beider Länder kooperierten bereits seit 20 Jahren. In letzter Zeit werde die Zusammenarbeit intensiver. Im rotierenden Wechsel mit Kameraden aus anderen Nato-Staaten überwachen deutsche Piloten den baltischen Luftraum. 420 Bundeswehrangehörige sind im benachbarten Litauen stationiert. Dort sollen sie demnächst einen Gefechtsverband anführen. Die Soldaten werden dort regelmäßig ausgetauscht, weil die Nato-Russland-Akte eine beständige Präsenz ausländischer Soldaten in den osteuropäischen Nato-Staaten nicht erlaubt. Von der Leyen widerspricht dem Bestreben der östlichen Verbündeten, die eine dauerhafte Nato-Basis in ihren Ländern fordern. Die Ministerin bedankte sich bei den lettischen Soldaten in Afghanistan, die im November halfen, einen Terroranschlag auf das deutsche Konsulat in Masar-i-Scharif abzuwehren. Die Diplomaten blieben bei diesem Taliban-Angriff unversehrt. Bei den nachfolgenden Gefechten starben mindestens sechs Menschen, 128 wurden verletzt (welt.de). Gegenüber Bergmanis bekannte sich die deutsche Ministerin zum Zwei-Prozent-Beschluss der Nato. Die Letten erreichen diese Marke bereits im nächsten Jahr, die Deutschen brauchen erheblich länger. Derzeit gibt Angela Merkels Kabinett etwa 1,2 Prozent des BIP, jährlich etwa 34 Milliarden Euro, für die Armee aus. Zwei Prozent bedeuten, dass der deutsche Militäretat auf etwa 60 Milliarden Euro pro Jahr erhöht werden muss. Das wäre ein ähnlich hoher Betrag, wie ihn derzeit Russland aufwendet. „Damit in Deutschland zwei Prozent vom BIP erreicht werden, ist Zeit nötig. Zusätzliche Mittel sind nicht nur erforderlich, um die deutschen Streitkräfte zu modernisieren, sondern auch deshalb, um den Ruf Deutschlands als jenen Staat zu bewahren, auf den man sich verlassen kann,“ erläutert die Webseite des lettischen Verteidigungsministeriums, sargs.lv.

Iskander-Transporter

Russischer Transporter für Iskander-Raketen, Foto: Vitaly V. Kuzmin - http://vitalykuzmin.net/?q=node/498, CC-BY-SA 4.0, Link

 

Die Rüstungsspirale dreht sich, die Ministerin erhält einen Orden

Die Zwei-Prozent-Forderung bedeutet für viele Nato-Staaten eine massive Aufrüstung, die umstritten ist. Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) bezeichnete seinerseits ein solches Militärbudget als „völlig unrealistisch“. Das verkündete er auch, als er die baltischen Länder wenige Tage vor seiner Kabinettskollegin bereiste. Er streitet sich mit den christdemokratischen Ministern (faz.net). Für Gabriel bedeutet mehr Militär nicht mehr Sicherheit. In der Zeit der Münchener Sicherheitskonferenz erinnerte der Sozialdemokrat daran, dass verfehlte Nato-Militäraktionen die Flucht der Menschen aus den Kampfgebieten zur Folge hatte. Sicherheit bedeute auch, gegen Armut und Hunger in Afrika zu kämpfen. Mit Skepsis berichtet sputniks.com über westliche Manöver und Truppenstationierungen. Im Mai findet an der Nato-Ostflanke in Estland die Übung „Frühlingssturm“ statt. Die russische Webseite berichtet zudem über die Stationierung von jeweils 1000 Nato-Soldaten in den baltischen Ländern und Polen. Neben den Deutschen in Litauen übernehmen in Estland Briten, in Polen US-Amerikaner und Kanadier in Lettland die Führung über diese neuen Nato-Einheiten. Nach Litauen kommen die Deutschen mit 20 Marder-Schützen- und sechs Leopard-II-Panzern. Bis Mai sollen weitere Uniformierte aus den Niederlanden, Belgien und Norwegen hinzukommen. Die Balten wünschen stärkere Militärpräsenz, weil sie sich u.a. durch Iskander-Raketen im Kaliningrader Gebiet bedroht fühlen. Diese Kurzstreckenraketen ließ die russische Regierung bis 2014 aufstellen, um damit auf den Nato-Raketenabwehrschild in Tschechien und Polen zu reagieren. Verhandlungen über wechselseitigen Aufrüstungsverzicht scheiterten. Die Webseite des deutschen Verteidigungsministeriums verkündet, dass die litauische Staatspräsidentin Dalia Grybauskait? der deutschen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen das Große Verdienstkreuz der Republik Litauen überreicht hat.

 

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