Lettisches Centrum Münster e.V.

   

Lettische Spediteure sind über deutschen Mindestlohn "schockiert"
16.01.2015


LKW in Riga bei NässeDies berichtete am 16.1.2015 die Wirtschaftszeitung Dienas Bizness. Der deutsche Mindestlohn, der 8,50 Euro brutto beträgt, wäre in Lettland ein Spitzengehalt. Nun fürchten lettische Spediteure die deutschen Behörden. Falls sie ihren Brummifahrern westlich der Oder weniger bezahlen, drohen seit Jahresbeginn gepfefferte Geldstrafen. Nach Angaben der Zeitung könnten Verstöße mit mehr als einer halben Million Euro geahndet werden. Einige Speditionen haben ihre Fahrten nach bzw. durch Deutschland eingestellt. Derzeit herrscht in der Branche Verwirrung, wie die Deutschen dieses Gesetz anwenden wollen und die Unternehmer beklagen, keine konkrete Auskunft zu erhalten. (Inzwischen scheint die Bundesregierung einzulenken, siehe Nachtrag)

Trübe Zeiten für das lettische Transportgewerbe, Russland wird Ware aus dem Westen zu teuer, nun machen die Deutschen Schwierigkeiten, Foto: LP

 

Behörden lassen Spediteure im Unklaren

Das derzeitige Chaos ist ein Lehrstück über die mangelhafte Abstimmung zwischen den EU-Ländern. Wenn es um soziale Fragen geht, kümmert die Situation im Nachbarland so viel wie ein umgefallener chinesischer Sack Reis im feuchten Dreck. Das wirtschaftliche Gefälle zwischen West und Ost ist kein Thema. Nationale Gesetzgeber machen sich keine Gedanken über die sozialen Auswirkungen in anderen Staaten des gemeinsamen Währungsgebiets, ihre Verantwortung endet an der Landesgrenze. Kein Ministerium könne klare Auskunft darüber geben, was von lettischen Transportunternehmen nun verlangt werde, beklagte sich ein Vertreter der Branche. Seine Firma habe von den Deutschen entsprechende Informationen erbeten. Der Vorsitzende des Lobbyverbandes "Latvijas auto", Valdis Tr?zi?š, hält die deutsche Forderung in Bezug auf den Transitverkehr für völlig unlogisch. Denn Ware, die lediglich durch Deutschland transportiert werde, bedrohe den dortigen Binnenmarkt nicht. Ineta Vjakse, Abteilungsleiterin für Arbeitsbeziehungen und Arbeitsschutz im Sozialministerium, kann lettischen Speditionen in dieser Frage nicht helfen. Lettland habe nicht das Recht, in die deutsche Gesetzgebung einzugreifen. Allerdings könnte die EU-Kommission auf Anfrage eines anderen Landes prüfen, ob die deutsche Gesetzeslage den EU-Normen entspreche. Zudem rätseln die Letten darüber, wie die Deutschen die Beachtung des Mindestlohns überhaupt feststellen wollen. Ein Vertreter von Schäubles Finanzministerium habe darauf hingewiesen, dass deutsche Finanzbeamte bei ihren lettischen Kollegen um Auskunft bitten werden. Vielleicht freuen sich nun deutsche Spediteure und ihre Angestellten, ausländische Konkurrenz loszuwerden. Und eigentlich ist mehr Lohn für Arbeitnehmer stets wünschenswert, bezogen auf deutsche Billigjobber sind 8,50 sowieso zu wenig, um sie aus dem Prekariat zu befreien. Doch dies sollte in der Eurozone in einem abgestimmten Verfahren geschehen, das noch vorhandene Arbeitsplätze in Lettland belässt. Deutschlands Handelsbilanz ist auch gegenüber Lettland im Plus. Die östlichen Nachbarn sollten wenigstens am Transport verdienen können.

 

Nachtrag vom 30.1.2015:

Laut einem Bericht von faz.net scheint die Bundesregierung nun teilweise einzulenken:

faz.net: Mindestlohn für Transit-Lkw-Fahrer wird vorerst ausgesetzt

 

Externe Linkhinweise:

delfi.lv: Latvijas autop?rvad?t?ji šok? par pras?bu maks?t minim?lo algu - 8,5 eiro stund?, darbiniekiem, kuri š??rsojuši V?cijas robežu

db.lv: P?rvad?t?ji šok? par v?cu izg?jienu




 
      zurück