Rauchende Paläste
16.02.2007
Riga. Der Preis für eine Schachtel Zigaretten soll in Lettland bis Ende des Jahres auf 3,5 Lats (5 Euro) erhöht werden. Derzeit geht eine Packung Zigaretten zuweilen für nur 0,60 Lats (1 Euro) über den Ladentisch. Diese drastische Preiserhöhung ist eine Empfehlung, auf die sich die Abgeordneten in einer Unterkommission der Saeima unter der Leitung von Valdis Gilis (Tautas partija- Volkspartei) geeinigt haben. Entschieden ist also noch nichts. Aufgrund des parteienübergreifenden Grundtenors gegen das Rauchen gilt die Umsetzung dieser Empfehlung –möglicherweise in abgeschwächter Form- als wahrscheinlich.
Fünf Euro pro Schachtel, das mögen deutsche Raucher als fast normal empfinden, für den lettischen Tabak-Enthusiasten sieht dies derweil anders aus. Schließlich liegt das Durchschnittseinkommen in Lettland bei gut 440 Euro im Monat. Daher scheint der lettische Staat seinen süchtigen Bürgern nun bald die beste Motivation für einen schnellen Entzug zu geben. Kein Mensch würde für Zigaretten hungern wollen.
Würde sich also die Empfehlung der Saeima Unterkommission durchsetzen, ergäbe sich ein amüsantes Bild. Nur gut statuierte Bürger könnten noch zum Glimmstengel greifen. Bald verkehrte Welt in Lettland? Eigentlich gilt das Proletariat – oder auf neudeutsch das Präkariat- als die beste Kundschaft der Tabakindustrie. Das belegen zahlreiche internationale Studien. Die Zielrichtung der Unterkommission der Saima ist laut Leta indes eine andere. Es geht den lettischen Volksvertretern um den größten Schatz des Landes, ihren Kindern.
„Die Tabakindustrie versucht mit neuen Produkten, wie etwa Kräuterzigaretten, junge Raucher zu gewinnen. Dabei besitzen solche Produkte einen sehr hohen Teergehalt. Immer mehr Kinder greifen zur Zigarette. Das Einstiegsalter liegt oftmals bei neun Jahren. Mit 12 oder 13 sind diese Kinder dann schon abhängig. Dieser Entwicklung müssen wir jetzt gegensteuern.“ sagte Inga Smate, Vertreterin des lettischen Gesundheitsministerium nach den Beratungen.
Der Saeima-Abgeordnete Dzintars Abikis (Volkspartei) geht noch weiter: „Preiserhöhung reichen nicht. Die Textwarnungen auf den Packungen sind nicht abschreckend genug. Bilder von Raucherlungen oder zerstörten Zähnen haben eine bessere Wirkung als einfache Warnhinweise.“ Parlamentarier Janis Strazdins ergänzt, dass bisher abgedruckte Hotlinenummern auf den Zigarettenpackungen das effektivste Mittel sind. „Diese Telefonauskünfte werden immer häufiger genutzt.“ Der Anrufer erhält dort Informationen, wie er am besten mit dem Rauchen aufhören kann. Strazdins bemängelte jedoch, dass der Staat noch zu wenig Stellen für Therapien zur Rauchentwöhnung anbietet. Schließlich sei das Rauchen eines der schwersten Abhängigkeiten überhaupt.
Seit Juli 2006 ist in Lettland das Rauchen am Arbeitsplatz, in Schulen, Kinos, Konzerthallen, Haltestellen, öffentlicher Verkehrsmittel, Sportzentren und in Gesundheitseinrichtungen verboten. In Restaurants, Bars, Cafés und Diskotheken ist nur in abgetrennten und mit speziellen Belüftungsanlagen ausgestatteten Räumen das Rauchen noch erlaubt.
-JvR-
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