Behandlungsimitationen im Rehabilitationszentrum Vaivari
15.03.2010
Das Rehabilitationszentrum Vaivari sei der ideale Ort für eine erfolgreiche Genesung – nicht nur wegen der vielen schönen Natur, der Wälder und der Ostseeküste, nicht nur wegen der Nähe zur Hauptstadt, sondern auch deshalb, weil man hier eine moderne medizinische Einrichtung auf hohem technischen und medizinischen Stand vorfinde. So wirbt die hauseigene Webseite. Doch die Ärzte des Hauses berichteten den Journalisten des TV3-Politmagazins Nekā personīga und der Tageszeitung Diena am 14.3.10 von einer anderen Realität.
Nicht nur die Natur, auch die Architektur des Kurorts fördert die Entspannung. Foto: UB
Im letzten Jahr entließ das Zentrum bereits 150 Mitarbeiter und kürzte den Verbliebenen das Gehalt. 600 Patienten, die nicht imstande waren, die Therapie zu zahlen, wurden seitdem nach Hause geschickt und ihrem Schicksal überlassen. Die Letten haben in der Regel keine Krankenversicherung und die staatliche Finanzierung ist viel zu gering, um eine umfassende Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. Die Mediziner von Vaivari erhalten vom Staat 9,50 Lats (13,41 Euro) pro Patient und Tag. Und das Gesundheitsministerium verkündete, dass noch weiter gekürzt werde.
Die Journalisten zeigten die Folgen für die Betroffenen an einigen Beispielen: Der Jugendliche Artūrs etwa fiel aus dem vierten Stock und bleibt sein Leben lang querschnittsgelähmt. In der Rehabilitation wollte er lernen, vom Bett in den Rollstuhl umzusteigen. Das Budget sieht aber nur noch vier Wochen Behandlung vor. Dies ist für eine effiziente Rehabilitation viel zu wenig.
In anderen Fällen ist das Sparen eine Frage von Leben und Tod. Eine Gehirnentzündung, die ein Zeckenstich verursachen kann, benötigt eine aufwändige medizinische Behandlung. Bei Komplikationen muss ein solcher Patient künstlich beatmet werden. Eine stetige Überwachung über Monate und Jahre ist dann nötig. Eine ganze Riege von Spezialisten müsse sich um einen solchen Fall kümmern. Doch für die Rehabilitation bewillige das Ministerium für ein ganzes Jahr lediglich 471 Lats (665 Euro). Dabei koste bereits der Sauerstoff 400 Lats im Monat.
Das Gesundheitsministerium empfiehlt den Ärzten kostengünstige Gruppentherapien. Man wisse in Vaivari nicht, ob man über solche Ratschläge weinen oder lachen solle, denn jeder Fall sei verschieden, Behandlungserfolge könne man nur erreichen, wenn man sich auf jeden Patienten individuell einstelle.
“Wegen Geldmangels wird der staatlich finanzierte Gesundheitssektor zur Behandlungsimitation und dies kann unumkehrbare Folgen für die Gesundheit der Patienten bedeuten,” lautet das Fazit der TV3-Journalisten.
Weiterer LP-Artikel zum Thema:
Lettland spart an der staatlichen Gesundheitsversorgung - die Weltbank findet dies “exzellent”
Externe Linkhinweise:
diena.lv: Mangelnde Finanzierung stellt Sinn der Rehabilitation infrage (lettisch)
tv3.lv: Neka personiga - Ausgabe vom 14.3.10 (lettisch)
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