Lettland: Politiker beschränken Wahlpropaganda
01.12.2012
Die anwesenden 85 Abgeordneten der Saeima beschlossen am 29.11.12 einstimmig, privat finanzierte TV-Wahlwerbespots die letzten 30 Tage vor einer Wahl zu verbieten. Ab nächstes Jahr sind dann in der heißen Wahlkampfphase nur noch vier fünfminütige Spots in den TV-Programmen erlaubt, die jeder Partei weiterhin kostenlos zustehen. Im neuen Gesetz wird der Vorwahlkampf umfassend reguliert. Propaganda darf nur im öffentlichen Raum betrieben werden. Vor dem Gang zur Urne wird den PR-Abteilungen der Ministerien, Behörden und staatlichen Unternehmen untersagt, Interviews und Texte von bzw. über Politiker zu veröffentlichen. Die Fraktionen von Vienot?ba/ Einigkeit und Nacion?l? apvien?ba/ Nationale Allianz hatten auf eine Eindämmung der politischen Werbeflut gedrängt. Nur einige Politiker des oppositionellen Saska?as Centrs/ Zentrum der Eintracht (SC) haben Einwände.
Der Ex-Politiker und Geschäftsmann Ain?rs Šlesers war für besonders aggressive Wahlkampfpropaganda berüchtigt, Foto: LP
Argumente statt Traumwäscherei
Die Reklame, die Ingeborg Bachmann einst als „Traumwäscherei“ bezeichnete, quillt heutzutage üppiger, bunter und lauter denn je aus den TV-Flachbildschirmen. Besonders fragwürdig ist politische Propaganda, die Argumente auf populäre Schlagworte reduziert. Lettische Parlamentarier setzten nun ein Zeichen dagegen. Auf der Webseite deputatiuzdelnas.lv der Antikorruptions-NRO Delna begründeten sie ihren Gesetzesentwurf. Damit werde die Abhängigkeit der Politik von Geldgebern und die Rolle des Geldes in der Politik verringert. Das Verbot sorge für Chancengleichheit zwischen politischen Konkurrenten. Politische Reklame verleite außerdem zu irrationalen Entscheidungen. Ein Verzicht auf Propaganda könne die Parteien dazu veranlassen, inhaltsreichere Angebote zur Problemlösung vorzulegen. Einige Politiker des SC kritisierten hingegen auf dieser Webseite das neue Gesetz. Ihrer Ansicht nach verunstalte es den gerechten politischen Wettbewerb. Ein solches Verbot begünstige nur die politische Schleichwerbung. Die Abgeordneten der Za?o un zemnieku savien?ba/ Union der Grünen und Bauern nahmen nicht Stellung. Diese Partei, die dem Bürgermeister und Geschäftsmann Aivars Lembergs aus Ventspils nahesteht, ist noch vor wenigen Monaten mit illegaler Wahlkampffinanzierung in die Schlagzeilen geraten. Die Journalistik-Dozentin der Lettischen Universität, Anda Rožukalne, untersuchte 2010 das Verhältnis der lettischen Medien zum Kommerz und fand heraus, dass im Wahlkampf die finanzierte Werbeflut die unabhängige Berichterstattung stark beeinträchtigt.
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Externe Linkhinweise:
deputatiuzdelnas.lv: Vair?kums deput?tu atbalsta maksas politisk?s rekl?mas aizliegumu radio un TV
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