Lettisches Centrum Münster e.V.

   

Lettland: Saeima-Abgeordnete wählten Egils Levits zum Staatspräsidenten
29.05.2019


Ein Richter des EU-Gerichtshofs wird neues lettisches Staatsoberhaupt

LevitsAm 29. Mai stand das Ergebnis bereits im ersten Wahlgang fest: Mit 61 Stimmen erhielt Levits auf Anhieb die absolute Mehrheit des hundertköpfigen Parlaments. Die Regierungskoalition aus fünf Parteien hatte sich auf diesen Kandidaten geeinigt. Der bisherige Staatspräsident Raimonds Vejonis verzichtete auf eine erneute Kandidatur, denn er ist Mitglied der "Union der Grünen und Bauern", die inzwischen in die Opposition verbannt ist. Chancenlos blieben auch der Ombudsmann für Menschenrechte Juris Jansons und Didzis Smits, der als Mitglied der mitregierenden Partei "Wem gehört das Land" von abtrünnigen Abgeordneten nominiert wurde. Levits stammt aus einer jüdisch-deutschbaltischen Familie, mit der er als Jugendlicher 1972 aus der Lettischen Sowjetrepublik nach Westdeutschland emigrierte. Seine Biographie ist mit der Institution verbunden, aus der der Verein "Lettisches Centrum Münster" hervorgegangen ist (welcher wiederum die "Lettische Presseschau" finanziert): Der jetzige EU-Richter und zukünftige Staatspräsident machte als Schüler des lettischen Exilgymnasiums in Münster 1973 Abitur und studierte anschließend Politik und Rechtswissenschaften in Hamburg. Auch seine weitere Biographie ist mit Deutschland verbunden (lsm.lv).

Der neue Staatspräsident Egils Levits, Foto: Latvijas Republikas Valsts kanceleja, CC BY-SA 2.0, Saite

Levits kam am 30. Juni 1955 in Riga als Sohn des jüdischen Ingenieurs Jonas Levits und der deutschbaltischen Dichterin Ingeborg Levita, geborene Barga (Pseudonym Aija Zemzare), zur Welt. Während der Tauwetterperiode zwischen West und Ost erhielt die Familie die Genehmigung zur Ausreise, Levits` Familie zog nicht nach Israel, sondern wählte die Bundesrepublik, weil dort bereits Verwandte lebten.

Nach dem Doppelstudium blieb Levits als akademischer Assistent an der Hamburger Hochschule, wurde in den achtziger Jahren wissenschaftlicher Referent an den Universitäten Kiel und Göttingen, arbeitete außerdem am Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht als vereidigter Dolmetscher für Lettisch und Russisch. Er engagierte sich in der Lettischen Jugendallianz und wurde elf mal zu deren Revisor gewählt. In der Zeit von Glasnost und Perestroika reiste Levits 1989 nach Lettland, um an einer Konferenz der Lettischen Nationalen Unabhängigkeitsbewegung LNNK teilzunehmen, die sich später zu einer nationalkonservativen Partei fortentwickelte und die heute Teil der mitregierenden Nationalen Allianz ist. Levits wurde Mitglied der Volksfront und des lettischen Bürgerkongresses und war Mitautor der Unabhängigkeitserklärung der lettischen Republik, die Lettlands Oberster Sowjet am 4. Mai 1990 verkündete (lv.wikipedia.org).

 

Seine weiteren Ämter lassen sich besser tabellarisch darstellen:

1990 – 1992: Abgeordneter des Lettischen Obersten Sowjets

1992 – 1993: Botschafter in Deutschland und der Schweiz

1993 – 1994: Saeima-Abgeordneter der liberalen Partei „Latvijas Cels“ und Justizminister

1994 – 1995: Botschafter in Österreich, Ungarn, Schweiz

1995 – 2004: Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

1997 – 2004: Schlichter am Schiedshof der OSZE

2004 – 2019: Richter am EU-Gerichtshof in Luxemburg

 

Levits hat das lettische Verfassungs- und Rechtswesen maßgeblich geprägt. 2013 initiierte er die Neuformulierung der Verfassungspräambel, in der nun betont wird, dass Lettland kein historisches Zufallsprodukt, sondern eine zielgerichtet geschaffene Republik mit lettischer Identität sei, deren Kennzeichen die lettische Lebensart und christliche Werte darstellten. Seit 2007 ist der Rechtsexperte als Präsidentschaftskandidat im Gespräch. 2013 schlug ihn die Nationale Allianz für dieses Amt vor, doch damals unterlag er bei anderen parlamentarischen Mehrheitsverhältnissen dem derzeit noch amtierenden Vorgänger Raimonds Vejonis. Bezüge zum Nationalkonservativen zeigen sich auch in Levits` Mitgliedschaft in der lettischen Studentenkorporation Fraternitas Lataviensis, der auch der umstrittene Nationalist Adolfs Silde angehörte (lv.wikipedia.org).




 
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